Tunten – Aufzucht und Pflege
Kapitel 13: Von der ,Rue des galopins‘
,Rue des galopins‘ bedeutet aus dem Französischen frei übersetzt in etwa ‚,Straße der Galopper‘. Kenner der Kölner Schwulenszene können sich sicher denken, welche weltweit unter Homosexu-ellen bekannte Kölner Gasse hier gemeint ist. Nachdem ich sowohl unseren manchmal doch recht niedlich aussehenden Gesäßschlümpfen als auch unseren lieben, in friedlicher Koexistenz lebenden Heteros und Bisexuellen tiefe Einblicke in die Welt der Gleichgepolten gewährt habe, ist es mir ein dringendes Bedürfnis, meine ficktiefen sonntäglichen Beobachtungen auf der ,Rue des galopins‘ zu schildern. Dabei werde ich es mir nicht verkneifen, hin und wieder mit meinen pointierten Kommentaren aufzuwarten. Je demande pardon. Ich kann Französisch, nur mit der Sprache hapert es ein wenig.
Es ist Sonntag, kurz nach 13 Uhr. Zu Hause hatte ich mich zuvor provokativ in meine hautenge, maßgefertigte Lederhose gezwängt und eines meiner blütenweißen, muskel- und figurbetonten T-Shirts übergezogen. Als Kerl von Welt habe ich, um nicht unnötig von meinem Body abzulenken, auf das Anlegen meiner Kronjuwelen verzichtet. Mein linkes Handgelenk hingegen wird von einer originalen Hublot-Uhr mit schwarzem Kautschukband geziert. Frei nach dem Motto: „Über Geld spricht man nicht, man hat es.“ Im Außenbereich des von mir gewählten und frei erfundenen ‚Café Theuer‘ in der Kölner City in der Nähe des Rudolfplatzes gelang es mir, zu so früher Stunde noch einen Sitzplatz zu ergattern. Der von mir präferierte Standort hat den ganz entscheidenden Vorteil, dass ich mich nicht wie auf einem Karl-Lagerfeld-Laufsteg den gelangweilten, arroganten, in sich gekehrten oder vor Geilheit triefenden Blicken der in Kürze aufschlagenden Läster-Schwestern aussetzen muss.
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Das Objekt meiner virtuellen Begierde ist jetzt die stereotypische Vorzeigetunte, die ich im Laufe des Nachmittags mit Sicherheit vor meinen stets wachsamen Augen zu sehen bekommen werde. Eines ihrer typischen Erkennungsmerkmale ist der klassisch weit von den anderen vier Griffeln abgespreizte kleine Finger. Sollte dann in den folgenden Stunden ein schrilles und wiederholtes ‚Huch‘ oder ‚Hach‘ meine äußerst empfindlichen Gehörgänge erreichen, kann ich absolut sicher sein, dass ich mich am richtigen Ort der bald stattfindenden kabarett- und comedyreifen Darbietungen befinde. Nach kurzer Zeit erblicke ich eines dieser männlich-männlichen Wesen: In stehender Position vis-a-vis, schräg gegenüber von mir, die linke, mit geschmacklosen Ringen übersäte Hand in die Hüfte gestemmt, wobei der andere Arm locker die Form eines Teekännchen-Halses bildet. Daraus erklärt sich für die Fraktion Andersrum der Begriff ‚Teekännchen-Haltung‘ von selbst. In diesem Augenblick gibt es für mich keinen Zweifel mehr: Ich bin im tief rosaroten Kölner Tuntenparadies!
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Nun widme ich mich aufmerksam der aufwendig gestalteten, aber dafür sehr übersichtlichen Speise- und Getränkekarte. Falls ich weiterhin Glück habe und in das Gästebeuteraster der Bedienung passe, darf ich mich bald sehr geehrt fühlen, wenn diese innerhalb der nächsten fünf Minuten den Weg zu meinem Observationsplatz findet und mich nach meinem Getränkewunsch fragt. Erstaunlich hierbei ist, dass diese lebenden Wanderpokale in ihren Bewegungsabläufen eher weniger der Berufsgruppe der Kellner zuzuordnen sind, sondern eher an den bereits erwähnten und an AIDS verstorbenen berühmten Tänzer Rudolf Nurejew erinnern: Fast jeder ihrer Schritte erinnert mich an eine tänzerische Höchstleistung!
Teilweise scheinen diese Saftschlepper sogar die Gesetze der Erdanziehung aufheben zu können, so sehr schweben sie mit jedem ihrer grazilen Schritte über dem Boden, um dann gnädig meinen Getränkewunsch entweder mit einem ignoranten Blick oder mit meist gespielter übertriebener Höflichkeit entgegenzunehmen. Dabei demonstriert mir dieser Tablettkaspar noch elegant den ‚Rette-das-Kollier-Griff‘, indem es mit den gespreizten Fingern ihrer beiden manikürten Händchen an ihren schlanken Halsansatz greift, als müsse sie den Sitz eines nicht vorhandenen Halsschmucks überprüfen. Dabei haucht sie mir den kurzen, aber einprägsamen Satz zu: ach Gottchen!
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Mein nächster Blick zielt auf ein vorbei schwebendes, körperbetontes, bauchfreies weißes T-Shirt, das durch eine silberne Aufschrift verrät, dass es aus der italienischen Modeschmiede Giorgio Armani stammt und dessen Träger auf dem Weg zu seinem Anabolika-Tempel zu sein scheint. Abgerundet wird das ästhetische Bild nur noch durch die mit Stolz getragene, eng anliegende Jeans der gleichen Luxusmarke, die mit einem Kennerblick im Schritt erahnen lässt, welch omnipotentes Wesen da gerade an uns vorbei stolziert. Um mir und den neidischen Mitguckenden zu zeigen, was in Sachen Underwear aktuell angesagt ist, lugt provokant bei diesem Sündenpfuhl eines Mannes der Schriftzug von Calvin Klein auf dem elastischen Bund hervor. Einer lechzenden Tunte am Nebentisch würde ich am liebsten sagen, den weit geöffneten Mund zu schließen, da ansonsten die Gefahr besteht, dass ihre Darmpastete kalt wird.
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Zum Glück findet mein Schlabberwelpe bald ein neues Opfer seiner Begierde und ich kann mich, nachdem ich mich von seiner Attacke befreit habe, wieder in meine Beobachtungsposition begeben. Jetzt erfasst mein geübter Scannerblick die verschiedenartigen Begrüßungsrituale der Masturbationsbrigade. Kennt man sich nur vom Sehen und lag noch nicht miteinander in der Kiste, ist hier und da ein kurzes Kopfnicken oder ein kurzes Hallo zu vernehmen. Handelt es sich dann um mehr als eine oberflächliche Bekanntschaft, erfolgt das unter schwulen Erektion-Joggern so außerordentlich beliebte ‚KlKr‘ >Küsschen links, Küsschen rechts<. Daraus darf aber nicht abgeleitet werden, dass der so Begrüßte in einer intimeren Beziehung zur Knutschbacke steht. Anders sieht die Sache aus, wenn der Schmatzer direkt auf den Mund des Gegenübers platziert wird. Hier können wir ziemlich sicher sein, dass der so Begrüßte die Weichteile seines Gegen-übers bis ins kleinste Detail kennt. Selten sieht man unter Schwulen, dass man sich einfach die Flossen reicht, so wie es in Heterokreisen üblich ist.
Schwulenwitz 13:
Ein Mann kommt in eine Toilette, wo bereits ein anderer am Pissoir steht. Der andere hat die Arme von sich gestreckt und die Finger krampfhaft gespreizt. Er sieht den gerade hereinkommenden Mann und sagt: „Können sie mir einen Gefallen tun und mir die Hose öffnen und mein Glied herausholen?“ Der Mann ist irritiert, aber er hat Mitleid mit dem offensichtlich behinderten Mann, also macht er es. Nachdem er fertig gepinkelt hat, sagt der Halter: „Soll ich die Hose jetzt wieder schließen?“ Darauf der andere: „Nein danke, ich glaube, meine Fingernägel sind jetzt trocken!“
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