Tunten – Aufzucht und Pflege
Kapitel 9: Jede Jeck un jede Depp is anders >rum<
Zurück in die schwule Frühzeit: Unter meinen angeblichen Vorfahren soll sich kein Geringerer als der Heilige Sebastian befinden – bis heute Schutzpatron gegen Pest und Seuchen, verehrt von Gerbern, Steinmetzen, Soldaten, Schützenbrüdern und sogar Polizisten.
Die offizielle Geschichte: Sebastian, Offizier der römischen Leibwache, bekannte sich zum Christentum, wurde von Bogenschützen durchlöchert, überlebte knapp, ließ sich gesundpflegen, kehrte dann trotzig zu Kaiser Diokletian zurück und starb schließlich 288 nach einer Auspeitschung im Circus Maximus. Aus der Cloaca Maxima gefischt, wurde er zum Märtyrer erhoben.
Die schwule Lesart: Diokletian war schlicht in Sebastian verschossen. Da der schöne Basti die Avancen des Kaisers ablehnte, folgte die tödliche Retourkutsche. Kein Wunder, dass er schon in der Renaissance als lasziver, halbnackter Jüngling auf unzähligen Gemälden verewigt wurde – und so zum Schwulen-Icon der frühen Neuzeit avancierte.
Heute pilgern Fromme noch immer nach Ebersberg, um seine Schädeldecke zu bestaunen. Ich selbst habe mich längst zum Schwulsein bekannt – wer weiß, vielleicht werde ich in ein paar Jahrhunderten ja auch als Heiliger, oder wenigstens als unheiliger Patron der Tunten, verehrt.
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Der Legende nach waren es elf schwule Jecken, die dem Kölner Karneval am 11.11.1995 eine bis dahin unbekannte, neue und warme Zugfarbe gaben: Pink! Das war die Geburtsstunde der ‚Rosa Funken‘. Die Kölner und Nicht-Kölner erkennen die Mitglieder dieser schwulen Karnevalsgesellschaft an ihren rosafarbenen, maßgeschneiderten und mehr oder weniger gut sitzenden und glänzenden Lackkostümchen, einem Hauch von schwarzem Leder und dem handgefertigten, hölzernen Plüsch-Steckenpferd mit dem blödsinnigen Namen ‚Hottehü‘. Stolz werden bei öffentlichen Auftritten die schweren Matratzenbären, der ‚Pipi’n Popo-Orden‘ und das ‚Stippelföttche‘, ein beim Tanz hervorstehendes Popöchen, präsentiert. Der Stolz des schwul-lesbischen Karnevals, die rosa Wattebäuschchen-Werfer, sind heute aus dem etablierten Kölner Karneval nicht mehr wegzudenken. Mittlerweile sind die Rosa Funken weit über die Grenzen Kölns hinaus bekannt und gelten als Musterbeispiel für gelungene gesellschaftliche Integration. Zu ihnen gesellten sich 2003 dann noch die ‚StattGarde Colonia Ahoj‘.
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Nach diesem Ausflug in meine Geburts- und Nachbargaymeinde komme ich zurück auf die Geschichte des schwulen Karnevals in Köln. Als sich 1995 die Jungfrau des Karnevalsvereins Köln-Rodenkirchen als schwul outete, stürzte sie Prinz und Bauer in eine tiefe Sinnkrise. Die Folge: Das Dreigestirn trat zurück! Erst Jahre später schafften es dann die Kölner, einen schwulen Prinzen zu proklamieren: Prinz Hugo I. Nun, trat das progressive Dreigestirn zwar nicht zurück, durfte dafür aber auch nicht am Rosenmontagszug teilnehmen. Während schwules Treiben zum Glück inzwischen selbstverständlich mit zum Karneval gehört, hat es die Kirche wieder einmal versäumt, sich hier zu integrieren. Unser sittenstrenger und homophober Kardinal Meissner wurde bisher auf keinem Kölner Fastelovendwagen in natura gesichtet. Stattdessen wurde diese Missgeburt des katholischen Erzkonservatismus in der Session 2004/2005 als Pappnase auf einem Mottowagen ausgerechnet im Düsseldorfer Rosenmontagszug entdeckt!
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Wie gelingt mir nun der Spagat zwischen feiernden schwulen Karnevalisten und extrem brutalen und sadistischen Verbrechern der Zeitgeschichte mit pädokriminellem Hintergrund? Als Erstes fällt mir dabei ein Satz aus dem Travestieprogramm meines ersten Lovers ein: „Eine Tunte, die nicht lügt, betrügt und stiehlt, ist keine Tunte!“ Leider ist nicht jeder Schwule ein Muttersöhnchen, und der Kelch der Kriminalität geht auch an uns nicht spurlos vorüber. Im Folgenden werde ich in chronologischer Reihenfolge auf fünf an Grausamkeit und Perversion nicht zu überbietenden, Brechreiz auslösenden Fälle der deutschen Kriminalgeschichte eingehen. Sie sind mitverantwortlich für das allgemeine Vorurteil, Schwule seien vergewaltigende und mordende Monster. Eine ungerechtfertigte Voreingenommenheit, mit der wir auch heute noch gelegentlich zu kämpfen haben.
Ich beginne mit dem pädophilen Serienmörder Heinrich Karl Haarmann aus Hannover, auch bekannt als ‚der Schlächter‘ oder ‚der Werwolf‘. Der populäre Schauspieler Götz George spielte Haarmann in der Verfilmung ‚Der Totmacher‘ aus dem Jahr 1995. Der Sexualverbrecher, der nach dem Ersten Weltkrieg die Polizei mit Informationen aus dem Rotlichtmilieu versorgte, ermordete zwischen 1918 und 1924 mindestens 24 Jungen und junge Männer im Alter von 10 bis 22 Jahren auf unvorstellbar grausame Weise. Seine Opfer waren Ausreißer und entlaufene Heimkinder, die zunächst nicht als vermisst galten. ‚Onkel Fritze‘, wie ihn seine minderjährigen Opfer nannten, oder ‚Kriminal-Haarmann‘, wie ihn die Erwachsenen nannten, soll mindestens 20 seiner bestialischen Morde unbemerkt in seiner Mansardenwohnung, deren Fußboden mit Blut getränkt war, begangen haben.
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Im Juni 1966 traf Bartsch in Wuppertal-Elberfeld auf sein letztes Opfer, den 14-jährigen Peter F., den er, ebenfalls im Bunker, mit Schlägen und Tritten zur Entkleidung zwang und fesselte. Nach Vergewaltigungsversuchen verließ er den Bunker mit der Drohung, zurückzukommen und ihn umzubringen. Peter konnte sich zum Glück mithilfe einer brennenden Kerze befreien. Nach seiner Flucht fand die Polizei bei einer Suchaktion im Bunker die sterblichen Überreste der vier Opfer. Ausgerechnet der Vater des Jungen aus dem eingestellten Verfahren identifizierte Bartsch als Täter, und so wurde er nach drei Tagen von der Polizei festgenommen.
Wie mögen die Eltern und Angehörigen der Opfer reagiert haben, als der Kanzelkasper bei einer Trauerfeier verkündete, ihr Schicksal sei ‚gottgewollt‘ gewesen? Drei der vier Jungen könnten heute noch leben, wenn ein Beichtvater, dem Bartsch seine erste Tat beichtete, Eier in der Hose gehabt hätte und sein hirnrissiges Schweigegelübde gebrochen hätte. Gottgewollt, wenn es ihn denn gibt, hingegen war sein Tod durch eine Dreizehnfach überdosierte Narkose bei einer Kastration, die der inzwischen Dreißigjährige selbst veranlasst hatte. Ohne Angabe von Namen und Lebensdaten wurde er anschließend auf einem Essener Friedhof verscharrt.
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Im September drang Mario S. über eine Leiter in das Schlafzimmer eines ebenfalls betrunkenen jungen Mannes ein, der sich erfolgreich wehrte, woraufhin der Täter flüchtete und sein Messer zurückließ. Hackedicht, wie das Opfer war, konnte er wenig später der Polizei keine Angaben über den Angreifer machen. Im selben Monat erstach Stiebitz in einem Waldstück bei Oranienburg zwei Brüder im Alter von neun und zehn Jahren beim Pilze sammeln. Im Februar 1984 entführt und erwürgte er in Brandenburg ein sechsjähriges Kind auf dem Heimweg. Mit dem Angriff auf zwei zehnjährige Kinder im Juli 1984 am Tollensesee im Nordosten von Berlin, die sich losreißen und ihren Eltern von dem Vorfall berichten konnten, endete die Mordserie. Einer der Väter trommelte mehrere Bekannte aus der Nachbarschaft zusammen, eilten an den See und konnten Stiebitz bis zum Eintreffen der Polizei festhalten.
Das Perfide an Mario S. war, dass er seine grausamen Morde akribisch in einem Tagebuch mit der Aufschrift ‚Geheime Privatsache‘ festhielt. Darin schildert er unter anderem, wie er die Jungen folterte und missbrauchte und sich an ihrer Angst aufgeilte. Hier notierte er auch, dass seine Opfer ‚voll todestauglich‘ gewesen wären. Darüber hinaus wurden Fotografien seiner entsetzlichen Taten gefunden, die belegen, wie tief das Böse in seiner Psyche verankert ist. Neben seinem Geständnis wurden so auch weitere von ihm geplante und begangene Straftaten bekannt. Wegen Mordes in fünf Fällen, versuchten Mordes in einem Fall und wegen geplanten Mordes in 20 Fällen wurde dieser Abschaum der Menschheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Richter vermerkte in seiner Akte des Grauens, dass es ausgeschlossen sei, dass er jemals wieder auf freien Fuß komme. Möge der Richter recht behalten!
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An meinem letzten Beispiel schwuler Gewalttäter war ich 1994 indirekt involviert. Am 5. Mai wurde in einem Essener Villenviertel die zwölfjährige Manuela S. von den homo- und bisexuellen Brüdern Daniel und Karsten H. entführt. Anschließend hielten sie das Mädchen elf Tage lang in einem Montagetunnel unterhalb der Mintarder Ruhrtalbrücke, mit 1.830 Metern die längste Stahlbrücke Deutschlands, an der A 52 Essen-Düsseldorf gefangen. Es handelte sich hierbei um ein beidseitig parallel zur Autobahn bekanntes Cruisinggelände, das rund um die Uhr von gleichgeschlechtlich suchenden Männern frequentiert wurde. In der Schwulenszene war der Autobahnrastplatz als ‚Café Ruhrtal‘ weit über die Grenzen NRWs hinaus bekannt. An warmen Wochenenden war er zeitweise so überfüllt, dass die Besucher ihre Autos verbotenerweise auf dem in Richtung Essen vorhandenen Standstreifen abstellten.
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– Ende –
Schwulenwitz 9:
Ein Bischof will einen Priester besuchen. Als er in die Kirche eintreten will, merkt er, dass die Tür verschlossen ist. Er klopft an die Tür, aber niemand meldet sich. Er schaut in ein Fenster, um sich zu vergewissern, dass niemand da ist. Doch da sieht er den Priester, wie er sich mit einem Messdiener sexuell vergnügt. Der Bischof denkt sich so seinen Teil und geht seinen Kaffee trinken. Als er eine Stunde später wiederkommt, ist die Kirchentür wieder offen und er tritt ein. Da sieht er den Messdiener und den Priester, wie sie vor dem Altar beten. Der Bischof sagt zu dem Priester: „Ich war vor einer Stunde hier und die Tür war verschlossen und niemand hat auf mein Klopfen reagiert. Wart ihr beiden die ganze Zeit hier?“ Priester: „Ja, wir haben nur ein Nickerchen gemacht.“ Darauf der Bischof: „Jaja, ich habe es durch das Fenster gesehen!“
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