= L E S E P R O B E N =
Von der Ehe | Von der Ehrlichkeit | Von den Emotionen |
Von den Feiertagen | Von der Freiheit | Von der Freude |
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Von der Hoffnung |
> Steht zusammen, doch nicht zu nahe beieinander, denn auch des Tempels Säulen stehen einzeln; und weder Eiche noch Zypresse gedeihen im Schatten des anderen. Khalil Gibran <

Khalil Gibran
Als Ehe >v. althochdeutsch: ewa = Vertrag, rechtssprachlich hist.: Konnubium< bezeichnet man eine sozial anerkannte und durch >Rechts-< Regeln gefestigte Lebensgemeinschaft, traditionell gesehen von Mann und Frau, Ehegatten oder auch Ehepaar genannt >Quelle: www.wikipedia.de<.
Entschuldigt bitte, wenn ich da einen völlig anderen Blickwinkel zum Thema Ehe habe: Auch als offen schwul lebender Mann, maße ich mir an, zu dem scheinheiligen Sakrament der Ehe meinen Senf beizutragen. Wenn meine Ansichten sarkastisch herüberkomme sollten, so betone ich ausdrücklich, kein Gegner der Ehe zu sein, sondern dass sich dieser Sarkasmus, irgendwie und aus mir völlig unerklärlichen Gründen, in mir innerlich verselbständigt hat. Vielleicht kann ich aber mit diesem Beitrag helfen, den einen oder anderen heiratswütigen Kandidaten vor noch viel größerem Unheil zu bewahren. Dass ich mir damit den Zorn geistlicher Würdenträger und christlicher Verfechter von zweigeschlechtlichen Paarungsversuchen zuziehen werde, nehme ich mit der mir eigenen Gelassenheit gefasst in Kauf. Eigentlich könnte der Begriff der ‚Ehe‘ ganz aus unserem Wortschatz verschwinden und durch den Begriff der ‚Zweckgemeinschaft‘ ersetzt werden. Denn um nichts anderes handelt es sich in den allermeisten Beziehungen. An eine Hochzeitszeremonie der beiden kann ich mich aus meinen schwachen religiösen Erinnerungen heraus beim besten Willen jedoch nicht erinnern. Und? Wer hätte sie auch trauen sollen? Da ich mir den lieben Gott aber als harmonischen, netteren, älteren, graubärtigen Herrn vorstelle, kann ich einfach nicht glauben, dass er es nötig gehabt haben soll, Eva wegen eines sowieso bald von alleine vom Baum fallenden wurmstichigen Apfels in die Versuchung und die gesamte Menschheit gleich mit, in die ewige Verdammnis zu stürzen.
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Letztendlich hat jedes deutsche Paar die Freiheit, für sich zu entscheiden, ob man sich als Paar symbolisch dazu auserkoren sieht, im engsten Kreis im Standesamt in den ach so heiligen Stand der Ehe, bzw. weniger heilig, in den Stand der >Homo-Ehe<, zu treten. Außer einer eventuellen Namensänderung, einem Eintrag ins noch jungfräuliche Familienstammbuch, der moralischen und gesetzlichen Verpflichtung füreinander einzustehen und der Optimierung der bisherigen Lohnsteuerklassen, passiert ja durch die Eheschließung erst einmal nichts Spektakuläres. Es sei denn, das Bald-Ehepaar wünscht für diesen Tag eine pompöse Vermählung mit mindestens 200 einzuladenden Gästen, gemieteter Luxuslimousine mit Chauffeur, einer Feier in einem Schloss, ein 5-Gänge-Menü von einem angesagten Sternekoch, ein klassisches Orchester und ein abschließendes Feuerwerk. Sofern die nicht gerade aus dem Kleinbürgertum stammenden Eltern und Schwiegereltern für die Kosten aufkommen, freut sich auf jeden Fall die seit Jahrzehnten knapp an der Armutsgrenze wirtschaftenden Hausbank über das gewährte Darlehn.
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Seit geraumer Zeit bin ich aufgrund langjähriger Beobachtungen in meinem Bekannten- und Freundeskreis, in der Öffentlichkeit, sowie meiner eigenen Scheidung für die Einführung eines Partnerschaft-Tauglichkeit-Führerschein >PTS<, oder kurz Ehe-Schein. Diesen gäbe es dann in zwei Klassen. Die Klasse >MK< befähigt die Inhaber zum Kinderkriegen, während die Klasse >OK< für Paare gültig hat, die sich ihre Zukunft ohne Kinder aufzubauen wünschen. Sollten sie sich diesbezüglich später einmal umentscheiden, bedarf es lediglich einer Nachschulung. Wäre ich im Jahr 1978 im Besitz eines solchen Ehe-Scheins gewesen, ich schwöre, ich wäre diese Ehe niemals eingegangen und hätte demzufolge auch das Ende meiner Familien-Stammlinie billigend in Kauf genommen. Nur wer künftig im Besitz dieses Befähigungsnachweises ist, hätte einen Rechtsanspruch auf eine standesamtliche Trauung.
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Wenn wir einen neuen Fernseher, Kühlschrank oder ein neues Auto kaufen, schließen wir einen Kaufvertrag ab. Was spricht dagegen vor dem Gang zum Standesamt neben dem Bund der Ehe, einen Ehevertrag abzuschließen? Weil Mann und Frau immer noch alten Klischees nachhängen! Ihm geht es >in der Regel< mehr um seinen beruflichen Erfolg und der damit verbundenen größeren Einflussnahme, um Macht und dem eigenen Selbstwertgefühl. Ihr geht es >nicht nur während der Regel< mehr um Sicherheit und Selbständigkeit. Dabei ist das Thema Geld in vielen Partnerschaften der Zündstoff für häufige Streitigkeiten. Während für Frauen die Beziehung wichtiger als alles andere ist und sie das Thema Finanzen lieber ausblendet, ist für Männer das Geld wichtiger, da dieses für ihn erst den Rahmen für eine gute Beziehung schafft. Und schon haben die beiden Liebenden ein weiteres Problem.
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Weitere Unterrichtsstunden zur Erlangung des von mir erdachten PTS könnten mit dem, nicht nur in der Ehe, wichtigen Thema der Übertragung von Informationen, man nennt es auch Kommunikation, gefüllt werden. In der Kennenlernphase ist es normal, dass man sich viel zu erzählen hat. Man gibt allen möglichen Sinn und Unsinn von sich preis, hängt seinem Gegenüber an den Lippen, zeigt Interesse und genießt den Austausch. Zumindest dann, sofern man nicht verbal zugemüllt wird. In dieser Phase steht oftmals die Romantik, Aufmerksamkeit und Erotik im Vordergrund. Kurzum: Man versteht sich. Oder im wahrsten Sinne des Wortes: Man kann sich riechen. Nach ein paar Jahren ist man sogar überzeugt, seinen Partner in- und auswendig zu kennen. An dieser Stelle warne ich jedoch ausdrücklich davor, sich gerade diese Überzeugung anzueignen. Wir alle wissen von unseren Mitmenschen, egal ob Ehepartner, Arbeitskollege oder Nachbar, immer nur so viel, wie diese bereit waren, von sich selbst aus preiszugeben. Wer berichtet schon über seine Leichen, die er im Keller liegen hat? Oder über kriminelle Handlungen, die er ohne unser Wissen begeht? Von seinen heimlichen Süchten?
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Und über eines sollten sich Paare, egal ob mit oder ohne Trauschein, im Klaren sein: Wer mit seinem Partner 60 bis 70 % seiner eigenen Bedürfnisse, Individualität, gemeinsame Werte, Kommunikation, Sex, die Möglichkeit zu konstruktiven Streitgesprächen, gemeinsame Hobbys und Freizeitaktivitäten ausleben kann, darf sich mehr als glücklich schätzen. Das ‚Problem‘ vieler ist jedoch, dass sie sich mit diesen Gemeinsamkeiten nicht zufriedengeben, sondern sich entweder von Anfang an oder im Laufe der Zeit auf die Suche nach den fehlenden 30 bis 40 % der nicht vorhandenen Bedürfnisse machen. In einer ehrlichen Beziehung ist auch das kein Problem, sofern der Partner in solchen Fällen vorher seine uneingeschränkte Zustimmung erteilt hat. Ein kleines Fallbeispiel: Sie ahnen oder wissen, dass einer von ihnen bisexuell veranlagt ist. Um das Bedürfnis nach gleichgeschlechtlichem Sex ab und zu ausleben zu können, sagt der Partner, dass dies unter strikter Einhaltung von zuvor festgelegten Regeln in Ordnung sei, oder das er strikt dagegen ist. In diesem Fall sollten die Liebenden aus Vernunftgründen ihre Beziehung beenden. Ich denke, >was durchaus vorkommen kann<, dass keiner von uns in der Lage ist, seine Bedürfnisse auf Dauer zu unterdrücken.
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Wenn wir flügge werden und das elterliche Heim verlassen müssen >oder wollen<, machen wir uns auf die Suche nach einer neuen Bleibe. Ist diese gefunden, muss sie zweckmäßig und dem Geldbeutel angepasst eingerichtet werden. Wo gehen wir also hin? Richtig! Zu Herrn Kamprad und seinem köstlichen Köttbullar samt Kaffee satt. Wenn es das Schicksal mit uns gut meint >oder auch nicht<, finden wir einen Partner fürs Leben. Was passiert nun? Das Spiel geht wieder von vorne los. Jetzt, nachdem eine größere, gemeinsame Behausung gefunden wurde, gehen wir gemeinsam mit dem künftigen Lebenspartner >oder Lebensabschnittspartner< wohin? Richtig! Zu IKEA! Nachdem wir uns ein gemütliches, von ungeahnter Harmonie durchflutetes Nest nach allen Regeln des klassischen Feng-Shui eingerichtet haben, kündet sich nach einer Zeit der meist kurzen Zweisamkeit, gewollt oder ungewollt, das Enkel-Balg an. Vorausschauend wie wir waren, verfügt das neue Domizil bereits über eine kleine, noch leerstehende Räuberhöhle. Was liegt jetzt an? Richtig! Der Kauf einer kompletten Kinderzimmer-Einrichtung in dem in blau-gelb lackierten Kinderparadies.
Jetzt zu dritt >oder mehr künftigen Erbberechtigten<, im siebten und achten Himmel schwebend, mit verträumten Blicken auf einer rosaroten Wolke vereint, blicken wir in eine zauberhafte Zukunft. Die Liebe währt ewig. Wie süß! Doch die irdische Realität sieht anders aus: Im Jahr 2005 wurde über jede zweite Ehe geschieden! Exakt: 51,29 %. Mit welchen Folgen für das inzwischen zur Familie gehörende Möbelhaus? Mit viel Glück kann einer der Partner das Wohnrecht der ehemals gemeinsamen Wohnung samt Kinder behalten. Der andere muss gezwungenermaßen ausziehen und macht sich prompt wieder auf die Suche nach einer passenden Wohnung. Für das er unter anderem was dringend benötigt? Bingo! Ein paar Möbel und Einrichtungsgegenstände, und mit viel Pech auch noch eine neue >Moneten<-Singleküche mit Herd und Kühlschrank vom Möbelgott Kamprad.
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Im Übrigen hat das Paar, das sich nach reiflicher Überlegung gegen das Kinderkriegen entschied, in puncto Umweltschutz und Ressourceneinsparung ganz klar die Nase vorn. Dank dieser Entscheidung bedankt sich unser Klima, da kinderlose Paare mithelfen, dass tonnenweise Kohlendioxid, sowie jährlich sechs Tonnen nicht benötigter Wegwerfwindeln, verursacht durch nur einen einzigen Pampersrocker, eingespart wird. Zudem bedeutet dieser Verzicht, dass ein Säugling nicht sechs bis acht Mal am Tag frisch gewickelt werden muss. Das spart pro Jahr alleine 2.200 Windeln durch nicht benötigte Rohstoffe, wie zum Beispiel Zellstoff mit beigemischten chemischen Absorbern, unzählige Lagen Mülltücher, sowie mit Wattelagen umhüllte Zellulosekerne, ein. Für deren Herstellung werden neben den aufgeführten Rohstoffen, Unmengen Prozesswasser und Energie in Form von Dampf und Strom benötigt.
Zudem schafft die Zellstoff- und Papierindustrie enorme Umweltprobleme durch Wasser-, Luftemissionen und einem extrem hohen Energiebedarf. Für den Herstellungsprozess werden zudem in Urwaldregionen Bäume gefällt, die mittels gewaltiger globaler Transportbewegungen noch ihren Weg in die Zellstofffabriken finden müssen. Bei einigen Pampers stellt sich für mich auch noch die Frage, warum diese unnötig mit allerlei buntem Getier aufwändig und zusätzlich umweltschädigend bedruckt werden. In eine psychiatrische Behandlung gehören für mich die Windelfetischisten, die ihr Kind bis zu dessen Einschulung >und darüber hinaus< unnötig mit diesen Energiefressern zwecks Inkontinenzversorgung ausstatten. Einen Kommentar zu Pampers tragende Erwachsene beiderlei Geschlechts, zwecks sexueller Stimulation, erspare ich mir an diese Stelle.
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Gegen Ende meiner Ausführungen über das heilige Sakrament der Ehe, schließe ich diesen Beitrag allmählich mit der Hinterlassenschaft einer hoffnungsvoll begonnener und nunmehr zerrütteten Beziehung: Den überwiegend minderjährigen Scheidungskindern. Dass diese immer die Leidtragenden der Entscheidungen ihrer Eltern sind, muss hier nicht erwähnt werden. Dem Thema Kinder habe ich ein eigenes Kapitel gewidmet. Grundsätzlich sind die Eltern ihren Kindern gegenüber unterhaltspflichtig. Hierzu gibt es klare gesetzliche Bestimmungen. Wenn man in Einzelfällen schon der Ex gegenüber nicht unterhaltspflichtig ist >oder sein will<, sollten die Väter von Scheidungskindern zumindest Manns genug sein, für den Unterhalt ihrer Kinder aufzukommen. Nach meinem Kenntnisstand soll es tatsächlich Fälle geben, wonach verantwortungsvolle Väter dieser Verpflichtung in voller Höhe nachkommen.
Mehr als häufig genug gibt es Fälle, in denen sich der böse Papa dieser Unterhaltspflicht, häufig mit fadenscheinigen Ausreden, versucht zu entziehen. Das kann nach § 170 StGB zwar mit Freiheits- oder Geldstrafe geahndet werden, hilft dem Kind aber erst einmal nicht weiter. In solchen Fällen kommt jetzt der brave Steuerzahler, auch die ledigen Homosexuellen, durch das Unterhaltsvorschussgesetz ins Spiel. Damit werden wir, ohne es zu Wissen, Alimentezahler für rund 200.000 jährlich hinzukommende Minderjährige. Mithin darf auch ich mich glücklich schätzen, für Kinder finanziell aufkommen zu dürfen, die ich weder gezeugt habe, noch jemals zu Gesicht bekam, geschweige denn, dass mir ein Mitspracherecht eingeräumt wird. Toll!
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Nachfolgend erwähne ich ein paar knallharte und nicht wegzudiskutierende Fakten die ich von Seiten des Statistischen Bundesamt entnahm: Im Jahr 1900, dem ersten Jahr der statistischen Erfassung, gab es 9.152 Scheidungen bei 476.491 Eheschließungen im gleichen Jahr. Das entspricht einer Scheidungsquote von 1,9 %. 105 Jahre später betrug die Zahl der Scheidungen 213.975 und schraubte die Scheidungsquote gegenüber den Eheschließungen auf ein Rekordhoch von 51,92 %. Das bedeutet, dass in diesem Jahr mehr Ehen geschieden als geschlossen wurden. Die meisten Scheidungskinder sind bei einer Trennung zwischen drei und dreizehn Jahre alt. Bei dem hohen Risiko, geschieden zu werden, stellt sich mir die Frage, ob ich in ein Flugzeug einsteigen würde, wenn ich befürchten müsste, dass dieses mit einer Wahrscheinlichkeit von über 40 % abstürzen wird? Ganz sicherlich nicht! In der Realität müsste ich jedoch 10.000.000 Mal in einen Flieger einsteigen, nur um einen einzigen Absturz zu erleben. Zumindest bis zum Aufprall.
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Mir stellt sich zum Schluss die Frage, ob die Ehe im klassischen Sinn überhaupt noch Zeitgemäß ist. Nach der anfänglichen großen Liebe und dem geschlossenen Bund der, doch bis zum Tod geplanten, bleibt bei über einem Drittel aller Ehen am Ende oftmals nur: Gewalt, Arbeitslosigkeit, finanzieller Ruin, Altersarmut, soziale Ausgrenzung, Verlust des Freundeskreises, Krankheit, Freitod und im schlimmsten Fall tödlich endende Familiendramen. Hier noch einige eher weniger lustige Fakten als Folge des Experimentes Ehe: Nach der Scheidung landen 85 % der geschiedenen ehemaligen Traumtänzer samt ihrer Brut als Akte bei den zuständigen Sozialämtern. Ein Leben mit dem Sozialhilferegelsatz, bezahlt von an dem Chaos nicht beteiligten Steuerzahlern, bedeutet ein Leben an der Armutsgrenze. Der durchschnittliche Schuldenberg geschiedener Ehepaare beträgt zirka 7.500 €. Dieser Betrag wird sich nach einer Scheidung noch um ein Vielfaches erhöhen. Ist das der Sinn der Ehe?
– ENDE –
> Und ihr Richter, die ihr gerecht sein wollt, welches Urteil sprecht ihr über jemanden, der in seinem Fleische ehrlich ist, in seinem Geist aber ein Dieb? Khalil Gibran <
Die Ehrlichkeit bezeichnet eine charakterliche Eigenschaft, die gekennzeichnet ist durch Merkmale der Aufrichtigkeit, Lauterkeit und Wahrhaftigkeit im zwischenmenschlichen Umgang, die Wahrheit von Aussagen und Handlungen betreffend. Die Ehrlichkeit bildet den Gegenpol zu negativen Eigenschaften wie Verlogenheit, Unaufrichtigkeit, Verschlagenheit oder Hinterhältigkeit. Die Ehrlichkeit schließt Verhaltensweisen wie Täuschung, bewusste Irreführung und Ähnliches aus.
Die Ehrlichkeit ist nicht gleichzusetzen mit naiver Mitteilsamkeit oder undifferenzierter, verletzender bzw. taktloser vermeintlicher ‚Aufrichtigkeit‘, welches tatsächlich eine Form der Aufdringlichkeit >Penetranz<, Impertinenz oder unerwünschter Eindringlichkeit sein kann. >Quelle: www.wikipedia.de<.
Auch wenn das Wort Ehrlichkeit in unserer Gesellschaft verloren gegangen zu sein scheint: Für mich ist es eine der wichtigsten Charaktereigenschaften eines Menschen. Ich selbst gehe heute so ehrlich wie möglich mit mir um, da es mir persönlich nichts bringt, mir selbst gegenüber nicht ehrlich zu sein. Im Umgang mit meinen Mitmenschen war ich früher allerdings nicht immer so ehrlich. Meine größte Lebenslüge war meine damalige Heirat >1978<, die ich nur aufgrund gesellschaftlicher Erwartungshaltung vollzogen habe. Nicht nur meiner Frau, sondern auch meinen beiden Söhnen wäre viel Leid, Enttäuschung, Kummer und Ärger erspart geblieben, wenn ich damals als schwuler Mann diesen Erwartungen nicht entsprochen und zu meiner sexuellen Orientierung gestanden hätte. Das kann aber nur jemand nachvollziehen, der sich in die damalige homophobe Gesellschaft und die ländlichen Rahmenbedingungen für Homosexuelle hineinversetzt. Dennoch stehe ich zu meiner damaligen Entscheidung und bereue es nicht, über viele Jahre hinweg ein einigermaßen normales Familienleben geführt zu haben. So kann ich auch hier auf Erfahrungen zurückgreifen, die ich sonst in meinem Leben nicht gemacht hätte. Wenn ich heute noch einmal vor der gleichen Entscheidung stünde wie damals, würde ich sie anders treffen: Ich stünde zu mir und meiner sexuellen Orientierung.
– Fortsetzung folgt –
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