Tunten – Aufzucht und Pflege
Kapitel 6: Knapp daneben ist auch vorbei
Von den alten Griechen bis zu den Römern war Homoerotik gesellschaftlich akzeptiert – doch im Mittelalter wurde sie durch die Kirche zur tödlichen Gefahr. Erst ab den 70ern kam langsam Bewegung: 1972 wagte sich Münster mit einer ersten Demo hervor, 1979 folgte Berlin mit dem offiziellen CSD. Aus kleinen Protestmärschen entstanden in Köln die schrillsten Straßenfeste Europas, die zeitweise sogar dem Rosenmontagszug Konkurrenz machten.
Doch je größer und kommerzieller, desto fragwürdiger das ‚Pride‘-Spektakel: Statt politischer Botschaft dominieren nackte Ärsche, Leder-Spielereien und aufdringliche Selbstdarstellung. Mein Fazit: Auch Toleranz hat Grenzen – und der Bogen sollte nicht überspannt werden.
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Viele der teilnehmenden Schließmuskelakrobaten, die bisher bei diesem Großereignis ihre ganze Artenvielfalt einem breiten Publikum präsentieren konnten, vergessen dabei, dass sie diese hohen Besucherzahlen nur einer mittlerweile toleranteren und liberaleren Gesellschaft verdanken. Seit ein paar Jahren heißt diese Frischfleisch-, Dörrfleisch- und Faltenschau ‚ColognePride‘, wobei keiner mehr so genau weiß, worauf man eigentlich stolz ist. Ob es die Eltern im Beisein ihres quengelnden Nachwuchses wollen oder nicht: Ein paar hirnamputierte Hohlbratzen präsentieren ihnen stolz textilentfremdete nackte Ärsche, mehr oder weniger ansehnliche Wurmfortsätze und augenkrebserregende lederumwickelte lesbische Milchschläuche.
Auf die in diesen Tagen nicht in die Öffentlichkeit gehörenden Sexualpraktiken >einiger ihres Resthirns beraubter Dauertriebferkel< werde ich im Detail nicht eingehen. Wie man meinen Formulierungen unschwer entnehmen kann, verurteile ich ein solches Verhalten in der Öffentlichkeit auf das Schärfste. Obwohl ich einer der wenigen unerschrockenen Teilnehmer der ersten Kölner Inter-Po war, vermeide ich seit einigen Jahren den Besuch dieser öffentlichen Potenz-Vorführungen. Diese völlig unnötigen und hochnotpeinlichen Begattungsversuche vor den Augen unfreiwilliger Voyeure tragen garantiert nicht dazu bei, der homosexuellen Subspezies die seit Jahrzehnten eingeforderte Toleranz entgegenzubringen. Noch unverständlicher ist die Tatsache, dass die in der Nähe befindlichen zahlreichen Ordnungskräfte bei solchen unnötigen Handlungen einer plötzlichen Erblindung und/oder an einer kurzfristigen komatösen Schockstarre zu unterliegen scheinen.
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Den mitunter sexuellen Höhepunkt bildet ein dreitägiges Straßenfest, dessen Höhepunkt >vergleichbar mit dem Dülmener Wildpferdefang< die sonntägliche Zuchtparade ist, an der auch der letzte überlebende Hinterndupfinger Ansaugprofi teilnimmt. Dieser hat weder Kosten noch Mühen gescheut, um bei diesem internationalen Großereignis dabei zu sein. Danach hat er wieder ein ganzes Jahr Zeit, um an seinem nächsten, schrillen, Aufmerksamkeit erregenden, auffälligen und trendigen Paradekostüm zu schneidern. Während in der Öffentlichkeit stolz und selbstbewusst schwul-lesbische Zusammengehörigkeit demonstriert wird, sieht es hinter der bunten, kreischend fröhlichen Fassade leider ganz anders aus.
Im Verlauf der Jahrzehnte hat es die allgemeine Abnutzungserscheinung geschafft, die so oft in Worte gefasste und immer wieder eingeforderte Toleranz in den eigenen Reihen mit Füßen zu treten. Schier unglaublich ist inzwischen die Fülle an Intoleranz und Ausgrenzung innerhalb der schwulen Solidargemeinschaft, die in meinen Augen diesen Ausdruck schon lange nicht mehr verdient, falls sie diese Begrifflichkeit überhaupt jemals verdient hat. Hier könnten sich, in meinen Augen, nicht nur die Schwulen, sondern auch die sie umgebende Hetero- und Bisexuellenwelt wieder mehr darauf besinnen, andere Menschen zu achten, ihnen mit Respekt zu begegnen und, wie in der Tierwelt, Lebensräume und -träume zu schützen.
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So ist bekannt, dass die sogenannten Kadettenhäuser der siegreichen preußischen Armee als wahre Hochburgen gleichgeschlechtlicher Freizeitaktivitäten waren. Besser noch: Der angeblich männerliebende König Friedrich II. oder Friedrich der Große, >1712 bis 1786<, im Volksmund ‚der alte Fritz‘ genannt, der der Legende nach mit seinen Kartoffelbefehlen die Bauern in Preußen zum Kartoffelanbau zwang, hasste nichts mehr, als wenn seine Offiziere eine Stino-Ehe eingehen wollten. So ist beispielsweise überliefert, dass in manchen Regimentern nur zwei von 35 Offizieren verheiratet waren. Aufgrund der bestehenden Vorschriften galt jedoch die Devise, sich nicht bei homosensationellen Handlungen erwischen zu lassen. Der aus dieser Zeit stammende Begriff ‚Potsdamisten‘ für Homos hat sich jedoch nicht durchsetzen können. Die Militärjustiz des Ersten Weltkrieges hingegen war klug genug, leistungsfähiges Kanonenfutter mit ‚abartigen Neigungen‘ nicht allzu hart zu bestrafen. Das sollte sich jedoch, wie bereits kurz erwähnt, nach der Machtergreifung eines völlig durchgeknallten ‚Onkel Wölfi‘ im Dritten Reich ändern.
Dem unter den Nazis noch verschärften ‚Homosexuellen-Paragraphen‘ 175 fielen in den Konzentrationslagern über 15.000 schwule Männer als ‚Staatsfeinde‘ zum Opfer. Für über 7.000 unserer Brüder im Geiste bedeutete dies nach unsäglichen Qualen das traurige Ende. Es waren Jahre, in denen schon freundschaftliche Berührungen zwischen Männern zu Haftstrafen führen konnten. Wenn man sich vor einer möglichen Entlassung bereit erklärte, sich entmannen zu lassen, konnte man mit viel Glück die gesiebte Gefängnisluft gegen die frische Luft in der freien Natur genießen. Zu den unmenschlichen Haftbedingungen gehörten nicht selten Gewaltexzesse, Vergewaltigungen, vor allem durch die sogenannten ‚Capos‘, auch ‚Funktionshäftlinge‘ genannt, sowie physische und psychische Misshandlungen. Zum Martyrium vieler Träger des ‚Rosa Winkel‘ gehörten auch tagelanges Einsperren in Dunkelhaft oder die Unterbringung in einem Raum, in dem sich die Opfer wegen der Enge weder hinsetzen noch hinlegen konnten. Diese Foltermethode konnte durch das stunden- oder tagelange Stehen zum qualvollen Tod führen.
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Was viele nicht wissen: Vor Hitlers Machtergreifung im Januar 1933 riefen SA-Männer auf den Straßen ‚Geil Röhm‘ und ‚Schwul Heil‘ in Anspielung auf ihren männerliebenden Anführer der Sturmabteilung. Hitler schützte seinen Duzfreund, solange, wie dieser ihm nützlich war. Als die äußerst brutal vorgehende Hackfresse Ernst Schwulius Röhm >1887 bis 1934< jedoch Reformen forderte, ließ er ihn zusammen mit vielen anderen ehemaligen Parteigenossen in der ‚Nacht der langen Messer‘ vom 30. Juni auf den 1. Juli 1934 ermorden. Hintergrund waren Konflikte um die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik, die Zukunft der Reichswehr, aber auch um den Umgang mit dem Thema Homosexualität. SS- und Gestapo-Chef Heinrich Himmler, der maßgeblich für die Ausschaltung Röhms verantwortlich war, sah in der Homosexualität eine Bedrohung des Staates.
Der homophobe Himmler war überzeugt, dass Homosexuelle die staatlichen Strukturen unterwandern wollten, was zur ‚Zerstörung des Staates‘ führe. Letztlich waren es aber die heterosexuellen und geschlechtslosen Machthaber selbst, die Deutschland bis zum Mai 1945 in den Abgrund führten. Interessant ist vielleicht auch zu wissen, dass Hitler die homosexuellen Neigungen seiner faschistischen Partei-‚Freunde‘ anfangs zwar nicht tolerierte, aber zumindest ignorierte. In einem seiner Befehle an die NSDAP hieß es, die SA sei keine moralische Erziehungsanstalt für höhere Töchter, sondern ein Verband rauer Kämpfer. Gleichzeitig wies er alle diesbezüglichen Klagen über das ‚Gift der Homosexualität‘ seiner Parteigenossen als Privatangelegenheit der Beschuldigten scharf zurück.
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Nun zur weiteren Entwicklung des schwulen Lebens in der Nachkriegszeit. Ich verdanke die folgenden Ausführungen zwei Kölner Herren, die sich und ihr Glück bereits vor über 46 Jahren hier im Köln der Nachkriegszeit gefunden haben. Ehrlich gesagt finden wir heute nur noch bei den alten schwulen Urgesteinen langfristige Beziehungen zwischen Menschen, die sich über 30 Jahre in Kälte und Wärme zusammenraufen mussten. Unsere arroganten, nicht mehr beziehungsfähigen oder -willigen Designertunten könnten sich von denen eine Scheibe abschneiden. In ihrer Jugend kannten diese inzwischen gereiften Dildo-Junkies weder das Wort Coming-out, noch Gay, noch Diversity, geschweige denn Community. Das Wort ‚schwul‘ galt als böses Schimpfwort und ein Coming-out hätte im ‚ewig währenden Dritten Reich‘ durchaus zum Einatmen von Zyklon B und damit zur kompletten Ausrottung unserer schwulen Dinosaurier führen können.
Die Erinnerung an Verfolgung und Lebensbedrohung in der Zeit der NS-Diktatur schweißte diese Herren zusammen. In den ersten Jahrzehnten nach Kriegsende, den Jahren des Schweigens, setzte sich die Kriminalisierung der Schwuletten in Westdeutschland fort und nur sehr wenigen Jugendlichen und Erwachsenen war es vergönnt, sich den eigenen Eltern oder gar einem engen Freund anzuvertrauen. Der zeitgenössischen Hetero-Welt blieb die Existenz unserer Vorfahren weitgehend verborgen und wurde totgeschwiegen. Doch wer glaubt, unsere Altvorderen hätten ihre sexuellen Triebe heruntergeschluckt, der irrt. Selbst in der Nazizeit gab es Treffpunkte für ‚Arschficker‘ >so der damalige beleidigende Ausdruck< wie öffentliche Toiletten, in der Schwulenszene ‚Klappen‘ genannt, mit Lochkabinen, Parks und sogar die eine oder andere von Homo- und Bisexuellen frequentierte Schwuchtel-Bar. Wie viele ehemalige Nazigrößen und Prominenz an diesen nicht ungefährlichen Orten ihr Sexualleben heimlich auslebten, ist nicht überliefert.
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Von meinen beiden betagten Zeitzeugen erfuhr ich, dass es bereits Ende des 19. Jahrhunderts eine relativ offene Schwulenszene in Köln gab. Die damaligen Homoprinzen wurden in den 20er Jahren passenderweise im ‚Dornröschen‘ in der heutigen Neuen Weyerstraße wachgeküsst und von Travestiekünstlern bespaßt. Etwa zur gleichen Zeit wurde das ‚Nettesheim‘ eröffnet, in dem sich die Herren mit ‚aufgeschlossenem Geist‘ ebenfalls zum Knutschen, Tratschen und Trinken trafen. Mangels Internet & Co. wurde in einschlägigen Szeneblättern wie ‚Die Insel‘ oder ‚Der Freund‘ diskret mit Formulierungen wie ‚Treffpunkt der besseren Damen und Herren‘ gelockt. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ab 1933 verfiel man bis kurz nach Kriegsende wieder in einen Dornröschenschlaf. Das Kriegsende 1945 bescherte den überlebenden, heute fast ausgestorbenen Hormon-Ruheständlern einen ganz neuen Fetisch: den wagemutigen Trümmersex.
In der Regel zeichneten sich unsere heutigen Gruftis gegenüber den damaligen Stinos durch ein gepflegteres Äußeres aus, und in Sachen Haushaltsführung hätte die Damenwelt von diesen Herren noch einiges an Ordnung und Sauberkeit lernen können. Wer sich damals als schwules Traumpaar zusammenfand, lebte meist räumlich getrennt, und jeder ging seiner damals noch vorhandenen und geregelten Arbeit nach, ohne jedoch von der Gesellschaft wegen seines Singledaseins diskriminiert, geschweige denn wahrgenommen zu werden. Es war dann, wie bereits erwähnt, die heutige Generation 50+, die Ende der 60er Jahre durch ihr persönliches und nicht immer ungefährliches Engagement ihren Beitrag zu einem liberaleren Umgang mit uns schwulen Eierküssern leistete.
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Mit den Jahren sollten diese unhygienischen Spermabunker dann jedoch auch aus den meisten Stadtbildern verschwinden. So ist mir persönlich heute in Köln keine einzige Klappe mehr bekannt, was im Übrigen sehr schade ist, da die damaligen schmuddeligen Klappen den umtriebigen Triebferkeln doch ein witterungsunabhängiges und kostenloses Praktikum des in der Schule versäumten Sexualkundeunterrichtes ermöglichten. Ersetzt wurde diese Institution dann jedoch in diesen Jahren durch einschlägige Lokale und den ersten schwulen Saunen, die sicherlich auch dazu beitrugen, dass die Enddarm-, Mastdarm- und Schwengelprofis nicht an dem von allen Männern gefürchteten Hodenmumps erkrankten. Auf die gravierende Veränderung schwuler Begegnungsstätten komme ich später noch zurück.
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An dieser Stelle springt mir die älteste noch existierende Schwulensauna Kölns in mein elefantöses Gedächtnis, die bereits 1972 ihre Stahltür mit Gesichtskontrollklappe öffnete und seinerzeit sicherlich zum Höhepunkt schwulen Glücks beziehungsweise Unglücks beitrug. Sie trägt den sinnigen Namen ‚Vulcano‘ und befindet sich im Herzen der Domstadt, direkt am Marienplatz, unweit der Kirche St. Maria im Kapitol, die sicherlich nicht nur für Touristen sehenswerter sein dürfte als die Vulcano. Hier hat man heute allerdings den Eindruck, dass die damaligen Erstbesucher auch heute noch die letzten überlebenden, alters senilen Stammgäste sind. Die bereits mobilen, zweibeinigen Goggomobil-Dödelblasmaschinen der Nachkriegszeit konnten jedoch in den sagenumwobenen Wirtschaftswunderjahren ihren sexuellen Vergnügungen sicherlich auch damals schon auf den Parkplätzen an den zahlreich neu erbauten Autobahnen nachgehen.
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In den 70er Jahren erfand sie dann als neues Erkennungszeichen die oft belächelte Detlef-Schleuder >Huch, Detlef, das Handtäschchen brennt<, die wir noch heute hin und wieder im Straßenbild bewundern können, ohne dass der heutige Besitzer zwingend schwul sein muss. Ein ganz schreckliches Unterscheidungsmerkmal dieser Zeit waren dann in meinen Augen die unter den Penetrations-Artisten in Mode gekommenen Minipli-Frisuren. Die wir beispielsweise heute noch bei einem nicht schwulen Rudi Völler, Peter Maffay, ewiggestrigen Zuhältern und einigen ewig jung bleiben wollenden, aber schon stark in die Jahre gekommenen, schwulen Exemplaren bedauern dürfen. Was waren das doch für wunderschöne, rosarote Zeiten, zu Beginn der 80er Jahre, als man seinen Artgenossen noch aus 100 Metern Entfernung eindeutig an seinen weißen Tennissocken erkennen konnte! Bis eines Tages die ganze Nation in diesen versifften Asisöckchen herumlief.
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Den letzten mir bekannten Versuch unternahmen dann unsere lieben Hardcore-Tunten, indem sie sich einen senkrechten Stift oder Ring zwischen die Harnröhre und das eventuell noch vorhandene Vorhautbändchen schießen ließen, um das Ganze dann ‚Prinz-Albert‘ zu nennen. Doch es sollte nicht lange dauern, bis auch dieser Intimschmuck aus feinstem Chirurgenstahl zwischen den weiblichen Schamlumpen oder an dem einen oder anderen heterosexuellen, der Reproduktion dienenden Teil glänzte. Resigniert scheint die Trendtunte es nun aufgegeben zu haben, sich neue charakteristische Erkennungsmerkmale und -rituale auszudenken, wissend, dass morgen sowieso wieder die halbe Nation voll schwul rumläuft, und passt sich notgedrungen dem modischen Mainstream des 21. Jahrhunderts an. Nach rund zwei Jahrzehnten der Beobachtung des Treibens der schwulen Subkultur bedarf es bei mir auch keiner neuen, öffentlich zur Schau getragenen Schwuchtelsymbole mehr, da ich mir sicher bin, dass ich nach wie vor meine Triebferkel schon aus 100 Metern Entfernung allein am Gang zu erkennen.
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Grundsätzlich verkehrt der Schwule auch heute noch in der vertraulichen Du-Form miteinander und spricht sein Gegenüber, wenn überhaupt, nur mit dem Vornamen an. Da sich viele dieser Methusalems durch biologisches Ableben von ihren Stammkneipen verabschieden mussten, sind mit der Zeit auch diese altehrwürdigen Treffpunkte einer neu entstandenen Subkultur so nach und nach verschwunden. Die letzten verbliebenen älteren Herrschaften dieser Generation haben es daher heute sehr schwer, sich mit Gleichaltrigen und Gleichgesinnten zu verständigen. Da auch an ihnen der Zahn der Zeit nicht spurlos vorübergegangen ist, hat die Generation 50+ in der schwulen Subkultur schlechte Karten und oft absolut keine Lust mehr, sich von den respektlosen und arroganten Jungtucken durch schräge Blicke und dumme Sprüche herabwürdigen und ausgrenzen zu lassen. Die heutigen dysfunktionalen Schulversager scheinen dank elektronischem Zweithirn und asozialen Medien vergessen zu haben, dass auch an ihnen der Zahn der Zeit nagt und sie schneller Falten an ihren Körperstellen und größer werdende Geheimratsecken entdecken werden, als sie es sich vorstellen können.
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Sollte sich unser rüstiger und pensionserprobter Altrammler dennoch entschließen, der nicht ganz so ehrenwerten gleichgeschlechtlichen Kakophonie der Eitelkeiten und Einsamkeiten seine Aufwartung zu machen, erinnert er leicht an eine Biene, die von Blüte zu Blüte fliegt, um dann Tag für Tag festzustellen, dass Mutter Natur ihm in der freien Streichelzoo-Arena keine Beute mehr übrig gelassen hat. Und so bleibt ihm nicht viel anderes übrig, als sich am Anblick der vor Muskeln und Geilheit strotzenden jüngeren Dumpfbackengeneration in deren bevorzugten Vergnügungsetablissements zu ergötzen. Nach dem Genuss von etwas Alkohol, in schwulen Seniorenkreisen auch Gnadenkölsch genannt, erwacht der Mut, sich hier und da verbal auf die jungen Zicken zu stürzen. Diese lassen sich, solange der Schlampanja in Strömen fließt, Interesse vorgaukelnd, in epischer Breite mit dem Gerontologie-Geschwafel des Homo Opa berieseln.
In der Strichergastronomie hingegen ist er ein gern gesehener und spendabler Gast, bis der Herr der Gerechten auch ihn in sein rosarotes Reich aufnimmt. Als grundsätzlich lebensbejahender und zum Glück selbst bisher gealterter, toleranter, sozialkritischer und humoristisch-sarkastischer Autor, kann ich diese zuvor verfassten Zeilen natürlich nicht so im Raum stehen lassen. Immerhin gehörte ich doch in der Vergangenheit hier in Köln einer Oldie-but-Goldie-Gruppe an, die sich ‚50 +/-‘ nannte. Zumindest in den Ballungsgebieten homosexueller Alterspotenz oder -impotenz gibt es zum Glück auch ein überschaubares Angebot für unsere lieben Grey-Girls, Grey-Gays oder Wardamahaarda-Guys.
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Wenn ihr mit 40 und aufwärts dank Drogen die Partywoche im Kreise junger Fickmodule verbringt, um dann noch die Afterparty mitzumachen und womöglich noch mittags als vollgedröhnte Alkonauten in der Schwulensauna aufzutauchen, hält das euren Alterungsprozess nicht auf, sondern führt im Gegenteil zu dessen Beschleunigung. Was nützt euch ein bodygestylter Körper, wenn darüber eine von Drogen und anderen Exzessen gezeichnete, ausdruckslose Hackfresse euer wahres Alter locker um die Zahl zehn erhöht und man in euren Gesichtsfurchen essbare Knollen pflanzen könnte? Aber wenn es die Analveteranen brauchen: von mir aus. Auch wenn die abgehalfterten Hüftbeckenrotierer damit >nicht nur< den gesundheitsbewussten und nur Entspannung suchenden Gästen in der Szene tierisch auf die Nerven gehen könnt.
Neben Poppers hat der schwule Mann ein weiteres Produkt zweckentfremdet und für sich und seinen Allerwertesten entdeckt: das aus Sojaöl und Baumwollsamenöl hergestellte Pflanzenfett namens ‚Crisco‘. Was der amerikanischen Hausfrau beim Backen, Kochen und Braten lieb und teuer ist, nutzen einige Hardcore-Tunten als tiefenwirksames, hautfreundliches und cholesterinfreies Gleitmittel. Crisco hat jedoch die dumme Angewohnheit, Gummi und Latex nicht zu mögen, und sollte daher nicht für Safer Sex verwendet werden. Außerdem ist es ratsam, auf das Haltbarkeitsdatum zu achten, da sonst beim Öffnen der 453-g-Dose ein unangenehmer Geruch entgegenweht, der den Spaß am weiteren Geschlechtsverkehr schnell verderben kann.
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Abgerundet wird das Partyangebot durch die angesagtesten und zahlreichen Gay-Mottopartys: zum Kölner Karneval, zum alljährlich heiß ersehnten CSD, zu Halloween oder ganz besinnlich zu Weihnachten. Einmal im Jahr feiern die Bären ein ganzes Wochenende lang auf diversen Bären-Partys, bei denen auch Nichtbären und internationales Publikum herzlich willkommen sind. Übrigens: Bis jetzt hat die Freier- und Feiertunte die Kölner Innenstadt noch kein einziges Mal verlassen müssen. Und wem das erwähnte Party-Nagasaki immer noch nicht reicht, der kann sich als Herr der Augenringe mit den restlichen Schminkutensilien noch auf diversen Afterpartys vergnügen. Wem das dann immer noch nicht reicht, der besucht eine der unzähligen Spezialevents in den einschlägigen Locations, wie zum Beispiel den legendären und oft peinlichen Fickstutenmarkt im Station2b oder die Sneakers- & Sportswearparty im Boners.
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Bevor das nächste Partywochenende beginnt, sitzt die Nobeltunte stundenlang beim Hairstylisten, um ihr hoffentlich noch nicht lichtes Haar richten zu lassen. Die Parfümerie, der Make-up-Artist und die Modezaren dieser Welt verwandeln sie gerne für viel Geld in eine Königin für eine Nacht. Noch schnell eine der beliebten Designerdrogen eingeworfen, Kreditkarte und reichlich Bargeld in ihr Louis Vuitton-Plagiat-Täschchen eingepackt, den sündhaft teuren Modeschmuck angelegt, das Kondom und das randvolle Poppers-Fläschchen eingesteckt, und schon kann unsere meist junge, balzende und aufgetakelte Schmalspur-Diva erneut die Herzen der nächtlichen Männer-Scheinwelt höher schlagen lassen.
Dass die Jugend vergänglich ist, merkt sie vor allem mit Erreichen der magischen Zahl 29, deren Erwähnung sie bis zu zehn Jahre lang zu vermeiden sucht. Dabei ist sie laut Personalausweis schon seit mindestens vier Jahren von den ach so beliebten U27-Partys verbannt und vom gefürchteten Hodenmumps glücklicherweise verschont geblieben. Mit Anfang 30 gelangt sie >hoffentlich< zähneknirschend zu der Erkenntnis, dass alle Mühe und Geld- und Zeitverschwendung doch sinn- und erfolglos waren. Und so beginnt auch für sie die dritte und letzte Phase ihres Lebens: das Erwachsenwerden.
– Ende –
Schwulenwitz 6:
Ein LKW-Fahrer hält auf einer einsamen Landstraße an, weil er mal pinkeln muss. Er geht in ein Gebüsch und sieht dort einen nackten Mann bäuchlings an einen Baum gefesselt. Er fragt ihn: „Was machst du denn hier? Was ist passiert?“ Der Mann zittert und antwortet: „Heute ist nicht mein Tag. Ich habe zwei Anhalter mitgenommen. Die haben mich dann mit einem Messer bedroht, mich ausgezogen, an den Baum gefesselt und mein Auto mitsamt allen meinen Sachen gestohlen. Bitte helfen sie mir!“ Der LKW-Fahrer stellt sich hinter den Gefesselten, öffnet seine Hose und meint: „Hmmm, heute ist echt nicht dein Tag!“
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