Tunten – Aufzucht und Pflege
Kapitel 4: Mittendrin, statt voll daneben
Bevor ich nun allmählich einen neuen Regenbogen zu einem anderen Thema spanne, teile ich zunächst noch einmal mit, dass es mir ein wichtiges Anliegen ist, zu einem besseren Verständnis zwischen den verschiedenen sexuellen Kulturkreisen beizutragen.
In diesem Kapitel geht es mir um die Integration von Randgruppen in die Gesellschaft. Da ich das große Glück hatte, meinen natürlichen Sexualtrieb in den drei Welten der Hetero-, Bi- und Homosexuellen ausleben zu dürfen, betrachte ich mich als kompetent genug, bestehende Ressentiments zwischen den verschiedenen Lagern auszuräumen. Mit über 300 Seiten und vier Jahren konzentrierter geistiger Arbeit habe ich mich mit diesem eigentlich banalen Thema beschäftigt. Banal aus folgendem Grund: Wenn wir uns, ganz egal wie wir sexuell gepolt sind, einmal ehrlich an die eigene Nase fassen, stellen wir fest, dass wir seit Jahrzehnten über ein Thema lamentieren, das im realen Leben eines jeden von uns faktisch nur eine absolut untergeordnete Rolle spielt. Es sei denn, man ist krankhaft sexsüchtig.
Die Begründung liefere ich gleich mit mathematischen Gleichungen. Zuvor stelle ich klar: Egal, ob ‚verzaubert‘ oder ‚Voll-Hetero‘, wir alle verbringen einen großen Teil unseres Tages mit Arbeit, Familie, Hobbys, Schlafen und/oder Haushalt. Im Durchschnitt haben wir zweimal pro Woche mit einem Partner unserer Wahl Sex, Selbstbefriedigung nicht eingerechnet, mit einem durchschnittlichen Vorspiel von 17 Minuten, also insgesamt 35 Minuten. Daraus ergeben sich folgende Zahlen: 24 Stunden x 7 Tage = 10.080 Minuten. Davon haben wir statistisch, wenn es gut läuft, ohne Vor- und nachgeplänkel, ohne Viagra, pro Woche lediglich 34 Minuten Sex. Für das ganze Riesen-Tamtam opfern wir mithin nur 0,34 % unserer Wochen-Lebenszeit. Wichtiger Hinweis: Wie lange die schweißtreibende ,Arbeit‘ dauert, ist irrelevant. Wichtig sind nur die Erinnerungen an, so Penis will, schöne Momente.
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Im Folgenden werde ich meine persönliche Einstellung zu bisexuellen und multifunktionalen Lustmolchen erläutern, die sich bereits in unsere Gesellschaft und insbesondere in die Schwulenszene integriert haben oder mit dem Gedanken spielen, diesen Schritt zu wagen. Aber gerade was die männliche Bisexualität betrifft, gehen die Meinungen der Rosetten-Mechatroniker im Umgang mit dieser lauwarmen Personengruppe, auch nach meinen eigenen Erfahrungen, noch sehr weit auseinander. Da ich selbst viele Jahre felsenfest davon überzeugt war, bisexuell zu sein, glaube ich, kompetent genug zu sein, um auch zu diesem brisanten Thema meinen schriftstellerischen Senf dazugeben zu können.
Wer bis hierhin aufmerksam gelesen hat, wird festgestellt haben, dass ich bis zu diesem Punkt >.< kein einziges Mal darauf eingegangen bin, ab wann man eigentlich bi-, homo- oder lesbisch ist. Und das, obwohl ich allein für den Begriff ‚bisexuell‘ alle mir zur Verfügung stehenden Definitionen dutzendfach niedergeschrieben habe. Dieses von mir bewusst initiierte Versäumnis hole ich jetzt für die unkundigen Leserinnen und Leser nach. Während sich die Mehrheit der schwulen Männer sexuell und/oder romantisch, geistig, physisch und emotional zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlt und somit monosexuell ist, eröffnet sich für Bisexuelle in diesem Bereich eine teilweise erweiterte Trophäenjagd.
Aufgrund ihrer sexuellen Orientierung treffen sie in der Regel keine Vorauswahl hinsichtlich des Geschlechts oder der Geschlechtsidentität. So fällt in ihr Beuteraster so ziemlich alles, was zwei Beine hat. Sie machen weder vor hetero- oder bisexuellen Frauen noch vor binären Transmännern und -frauen oder intersexuellen Menschen Halt. Wie hoch ihr Anteil an der Bevölkerung ist, konnte bisher wissenschaftlich nicht konkret nachgewiesen werden. Im Gegensatz zu Homosexuellen wird eine bisexuelle Veranlagung nicht zwingend und >zum Glück für Millionen heterosexueller Zweckgemeinschaften< eher selten in ein erotisch-sexuelles Dilemma umgesetzt.
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Wenn auch reichlich verspätet, liefere ich an dieser Stelle die Erklärung nach, woher das Wort schwul >wahrscheinlich< abgeleitet sein dürfte: Im Niederdeutschen, also dem Plattdeutsch des 16. Jahrhunderts, bedeutete das Wort ‚schwul‘ so viel wie schwül, also drückend heiß. Noch in den 60er und 70er Jahren wurden Homosexuelle abwertend als ‚warme Brüder‘ oder kurz ‚Detlef‘ bezeichnet. Dem folgte im allgemeinen Sprachgebrauch die Bezeichnung ‚175er‘ >in Anlehnung an den inzwischen aufgehobenen § 175< und schwul, gefolgt von >engl.:< ‚gay‘. Frei aus dem Anglo-Normannischen übersetzt bedeutet Gay ‚fröhlich, vergnügt‘ und bezieht sich nicht nur auf das männliche Geschlecht. Beispiel: ‚Gay Pride‘ oder ‚Gay People‘. Das Wort ‚gay‘ taucht erstmals im umfangreichsten Wörterbuch der englischen Sprache, dem ‚Oxford English Dictionary‘, um 1935 auf. Zu ‚fröhlich‘ und ‚vergnügt‘ fällt mir spontan die Textzeile aus ‚Grande Finale‘ von Udo Lindenberg ein: „Immer lustig und vergnügt, bis der Arsch im Sarge liegt.“
Da sich eine Minderheit von geschlechtslosen, linksextremen Öko-Terroristen und Gleichgesinnten aus purer Langeweile etwas Neues ausdenken musste, hat sich in den letzten Jahren international der Oberbegriff ‚Queer‘ eingebürgert. Frei aus dem Englischen übersetzt, bedeutet das so viel wie komisch, seltsam, eigenartig, absonderlich oder verdächtig. Da weder das eine noch das andere Attribut auf mich zutrifft, wehre ich mich als schwuler Mann vehement dagegen, mich als Queer einordnen zu lassen. Wenn ich schon bei Begriffserklärungen bin, erkläre ich kurz, wofür die Abkürzung ‚LGBT‘ steht: Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender. Ich weiß nicht, welchem kranken Hirn dieses Abk.-Wirrwarr entwichen ist. Fakt ist, dass man der schwulen Gaymeinde in unserer Gesellschaft damit keinen Gefallen getan hat. Jahrzehntelang reichte es völlig aus, gleichgeschlechtlich Praktizierende als schwul oder lesbisch zu bezeichnen. Zu allem Überfluss sah sich das Bundesfamilienministerium nun auch noch veranlasst, auf Kosten auch der heterosexuellen Steuerzahler ein LSBTIQ-Lexikon herauszugeben! Ohne Worte!
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Die Wissenschaft, die ja nicht immer allwissend ist, hat es inzwischen geschafft, A-Sexuelle in vier Gruppen einzuteilen. In der ersten Gruppe findest du Männchen und Weibchen, die zwar einen Sexualtrieb verspüren und durchaus in der Lage wären, sich an sich selbst zu vergnügen, die es aber grundsätzlich ablehnen, ihre primären Geschlechtsorgane anderen zwecks Anschauung zuzumuten. In Fachkreisen nennt man das Monosexualität oder handbetriebene Stimulation der Geschlechtsorgane und anderer Körperregionen bis hin zum Orgasmus.
In der zweiten Gruppe haben diese A-Sexuellen das Bedürfnis, sich zu anderen Personen hin-, aber nicht ausgezogen zu fühlen. Sie sind in der Lage, Zärtlichkeiten auszutauschen, lehnen aber sexuelle Intimität kategorisch ab. In der dritten Gruppe wird es schon etwas komplizierter. Diese ist zwar nach wissenschaftlichen Erkenntnissen fähig, sowohl sexuelle Begierden als auch emotionale Gefühle für eine andere Person zu entwickeln. Trotzdem lehnt auch sie Sex mit der Person ihrer Begierde grundsätzlich ab und masturbiert lieber, bis sie Schwielen an den Händen hat. In der vierten Gruppe dieser Randgruppe ist es so, dass man jemanden weder sexuell begehrt noch emotional liebt, mit ihm aber durchaus eine enge platonische Freundschaft pflegt. Alles klar?
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Im zweiten großen Schritt erklärt man seine gleichgeschlechtlichen sexuellen Neigungen nach außen und beginnt damit mutig, in der Regel bei der unvermeidlich besten Freundin oder dem vermeintlich besten Freund; selbstverständlich unter dem Siegel der absoluten Verschwiegenheit. Wenig später folgt dann das ganz große, leider immer noch oft dramatisch endende Outing bei Mama und Papa. Diese sind dann in der Regel erst einmal überhaupt nicht begeistert, was blöderweise mit dem Gefühl tiefster Scham zum Ausdruck gebracht wird. Völlig zu Unrecht fangen die Eltern der nun flügge werdenden und frisch geouteten, wild gewordenen Hupfdohlen dann an, nach eigenen Erziehungsfehlern zu suchen, da sie die Homosexualität ihrer ehemaligen Pampers-Terroristen immer noch als Makel empfinden.
Häufig sagt Mama dann: „Siehst du? Ich hab’s doch immer gewusst!“ Und der Herr Papa wird sich erst einmal Vorwürfe machen, keinen ‚richtigen‘ Kerl gezeugt zu haben, was immer das für ihn auch bedeuten mag. An dieser Stelle kann ich aber die Mütter und Väter unserer Nation, die unter anderem von geouteten und nicht geouteten Politikerinnen und Politikern geführt wird, beruhigen: Eure Söhne wurden nicht zum Schwulen, nur weil Papa vor Jahren gelegentlich mit seinem vor Vergnügen quiekenden Wonneproppen in der Badewanne planschte, und erst recht nicht, weil Mama den einstigen Knirps mit Barbiepuppen hat spielen lassen. Die heutigen biologischen und wissenschaftlichen Gründe, wo vermutlich die Wurzeln unserer eigenen sexuellen Orientierung liegen, verrate ich, wenn ich es nicht vergesse, an einer der folgenden Stellen.
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Natürlich weiß ich als alter, dreimal chemisch gereinigter Testosteron-Bändiger, dass statistisch gesehen in jeder Schulklasse mindestens ein schwul gepolter Waschlappenrasierer über den Sinn und Unsinn des Lebens büffelt. Befragt man hingegen alle Möchtegern-Machos, egal welcher Nationalität, einer Bildungsvermittlungsklasse nach ihrer sexuellen Orientierung, versichern sie sich unter heiligen Schwüren bei Gott, Allah, Buddha und sonstigen Schöpfern und Erlösern der Welt gegenseitig, dass sich unter den pubertierenden Brüllmücken in ihrem Rudel keine Schwuchteln befinden. Jugendlichen rate ich dringend davon ab, sich ausgerechnet am 11. Oktober, seit 1988 internationaler ‚Coming-Out-Day‘, in der Schule zu ihrer sexuellen ‚Andersartigkeit‘ zu bekennen. Denn dann können sie sich zu 50 Prozent sicher sein, nicht nur von Mitschülern, sondern auch von homophoben Lehrkräften Anfeindungen ausgesetzt zu werden. Zählt doch bei den meisten ‚Jung-Casanovas‘ das ‚vorgespielte‘ Machogehabe, eine vermeintliche Härte und grenzenlose >selten vorhandene< Stärke zu deren Grundwesensarten.
Trotz der gerade in den letzten beiden Jahrzehnten deutlich gestiegenen Akzeptanz hinsichtlich der rechtlichen Gleichstellung von Homosexuellen mit heterosexuellen Zeitgenossen, die zumindest in vielen Großstädten dieser Erde erfreulicherweise kein Tabu mehr darstellt, outen sich leider viele Provinzschwulis erst gar nicht. Dies gilt insbesondere in Regionen, in denen überwiegend erzkonservative und ewiggestrige Katholiken an einer längst überholten Sexualmoral festhalten. Was wiederum zur Folge haben kann, dass die Betroffenen häufig Suizidabsichten hegen oder, schlimmer noch, es zu tatsächlich vollzogenen und tragisch endenden Selbsttötungen kommt. Es bleibt wiederum aus meiner persönlichen Sicht jedem selbst überlassen, ob er oder sie den Schritt des Outings innerhalb der Familie, gegenüber guten und verständnisvollen Freunden oder der nicht wirklich wichtigen peripheren Gesellschaft wagen möchte.
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Womit ich nach dieser etwas längeren Einleitung zum eigentlichen Thema der Integration des ‚Homo Schwulibertus‘ und anderer triebgesteuerter Kreise in unsere Gesellschaft nun entspannt beginnen kann. In meinen folgenden Ausführungen werde ich mich auf meine deutsche, schwule und kölsche Sicht der Einwanderungsproblematik beschränken, da ich nicht wirklich vorhabe, eine 30-bändige Enzyklopädie zu diesem Thema zu verfassen. Wie bereits erwähnt, ist es mir ein sehr wichtiges Anliegen, mit meinen Ausführungen dazu beizutragen, die immer noch bestehenden Vorurteile und Anfeindungen gegenüber uns Schwanzlutschern abzubauen. Ich tue das ganz bewusst, obwohl mir nicht unbekannt ist, dass manche dieser gleichgeschlechtlichen Pullerbacken manchmal ganz schön nerven können. Aber das können Heteros ja bekanntlich auch.
Unsere verehrte Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel hat vor nicht allzu langer Zeit, leider um Jahrzehnte zu spät, das Thema Integration von Ausländern aufgegriffen und zur Chefsache gemacht. Dies geschah im Kontext mit einem der Brandbriefe des Lehrerkollegiums der Berliner ‚Rütli-Hauptschule‘ im Bezirk Neukölln vom 31.03.2006, in dem von zunehmender Gewaltausübung durch freche und gewalttätige Migrantenkinder aus überwiegend arabischen und türkischen Familien die Rede war. Ich stelle dazu fest, dass auch diese gravierenden Vorfälle mit der Zeit aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verschwanden, aber ganz sicher nicht aus den Schulen, geschweige denn aus den Hohlköpfen dieser autoritätsverachtenden Brut des Grauens!
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Als Schwule haben wir, im Gegensatz zu unseren ausländischen Mitbürgern, verstanden, dass wir uns nicht ausschließlich an die heteronormative Gesellschaft anpassen müssen, sondern dass sich die gesamte deutsche Mehrheitsgesellschaft inzwischen offensichtlich auch an den schwulen Mainstream angepasst hat. Die Medien, das Theater, der Film, die Musik oder die Mode, wo wir ohne die schwule Kreativität der letzten Jahrzehnte wahrscheinlich alle noch im Grau der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts gefangen wären, liefern uns dafür genügend Beispiele. Manchmal hat man das Gefühl, ohne diese kleine Gruppe von Quotentunten würde in der BRD gar nichts mehr laufen. Der Tuntenwahn geht mittlerweile so weit, dass selbst vermeintlich prominente ehemalige Heteros aus dem Showbizz sich nicht mehr scheuen, sich auch als bisexuell oder eine der anderen 46 zur Auswahl stehenden sexuellen Orientierungen und Verhaltensweisen zu bekennen. Ganze Berufszweige wären ohne diese Dienstleister nicht nur ärmer, sondern oft auch vom Aussterben bedroht.
Obwohl Schwulsein kein Beruf ist, nenne ich >unter Vermeidung von Schubladendenken< beispielsweise die klischeehaften Berufsgruppen der vielen männlichen Kranken- und Altenpfleger, der Flugbegleiter >im schwulen Sprachgebrauch auch Saftschubsen genannt<, Floristen, Modeverkäufer, Kindergärtner oder eben Friseure. Dieser Personenkreis kann genauso gut den Beruf eines gestandenen Metzgers, qualifizierten Polizisten, Maurers, Soldaten, Schreiners oder Bestatters ausüben. Gleichwohl bevorzugen die schwulen Kuscheltierchen in der Regel Erwerbstätigkeiten zum Zwecke des Geldverdienens im kreativen, künstlerischen und kosmetischen Bereich, die in der Regel schwulenfreundlich und überwiegend integrationsfähig sind. Berufszweige, die für Heteromännchen, die sich nicht unbedingt lächerlich machen wollen, eher weniger interessant sind und in denen mit weniger Diskriminierung aufgrund der eigenen sexuellen Orientierung zu rechnen ist. Ja, Berufe, in denen man manchmal sogar erwartet, von charmanten und sensiblen Prinzen umsorgt zu werden.
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Nachdem die erste große Liebe in der Regel nach drei Tagen erloschen ist, folgt häufig der völlig unsinnige, überflüssige und zeitintensive SMS-, Mailing- und Telefonterror mit der verflossenen Schnullerbacke. Und das lediglich, um nach zwei Tagen für sich selbst festzustellen, dass der Typ sowieso nur ein riesengroßes Arschloch war und ekelintensiv aussah. Außerdem schwört man sich innerlich, diesen Evolutionsunfall bis ans Ende aller Tage nicht mehr mit dem Hintern anzuschauen. Bereits am dritten Tag nach dieser herzzerreißenden Trennung stürzt man sich wieder frisch >keineswegs fromm<, fröhlich und frei auf den unersättlichen Bückpüppimarkt und folgt dem männlichen Urtrieb und wird wie seine Vorfahren zum begeisterten Sammler praller Hintern und Jäger erigierter Schniedelwutze.
Dank der Gnade seiner späten Geburt dauert es nicht lange, bis beim Wildern der nächste Fisch oder Fick an der Angel ist. Und so fängt für den jungen Gockel das Spiel der Beziehungssuche wieder von vorne an. Mal reicht es für einen Quickie, mal sogar für einen ganzen und sagenhaften One-Night-Stand, zu Deutsch frei übersetzt als ‚Rums-Bums-Danke-Auf-Nimmer-Wiedersehen-Nummer‘. Dann amüsiert er sich ein paar Tage mit ein und demselben Analguerilla und schafft es mit ganz viel Glück sogar, mit diesem einen ganzen unglaublichen Monat lang eine aufregende Sexbeziehung zu führen. In seinen Augen ist das fast wie eine heterosexuelle Silberhochzeit.
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Während ihrer lebenslangen Brunft- und Balzzeit lernen unsere ehemaligen jungen Weideponys dann häufig auch das fehlgeleitete sexuelle Appetenzverhalten kennen, da sie mit zunehmendem Alter kaum noch auf verständnisvolle Sexualpartner treffen. In dieser Zeit versucht die enttäuschte Kratzbürste dann nicht selten, im Umgang mit ihren Mitschwuchteln ihre verbale Schlagfertigkeit so zu perfektionieren, dass sie mit ihrer spitzen Zunge und den noch spitzer gewordenen Wichsgriffeln durchaus in der Lage wäre, weinrote Theatervorhänge und die schrillsten Kostüme zu nähen. Einige ihrer bösartigen, sarkastischen und zynischen Artgenossen, so munkelt man hinter vorgehaltener Hand in der Schwulenszene, seien dann auch so verbiestert, dass sie den narzisstischen Joker aus dem Batman-Film mit Jack Nicholson von 1989 mühelos an die Wand spielen könnten. Damit wäre dann auch dieses Beispiel einer gelungenen Integration in die Gesellschaft mächtig in die Hose gegangen.
Erwähnen werde ich noch, dass zwischen der durchaus tageslichttauglichen, von frischer Landluft und Schweinestallgeruch umgebenen Dorfschwuppe und der stets den Eindruck erweckenden, von der Nacht verpeilten Party-Großstadthusche ganz gravierende Unterschiede in der Beziehungsentwicklung bestehen. Und das völlig unabhängig vom Alter. Die im Allgäu hinter Berge und Hügeln lebenden Hodenaufreißer oder die in Ostfriesland dahinsiechenden Poritzenlecker dürften meiner Überzeugung nach ganz sicher wesentlich bindungswilliger und -fähiger sein als die in Großstädten wie Berlin, Hamburg, München oder Köln eingewanderten, aus dem Vollen schöpfenden Präzisionshuschen. Wissend, wie mühsam und zeitraubend es in ländlichen Regionen überhaupt ist, einen gleichgeschlechtlich liebenden Art- und Bettgenossen zu finden, wird die Landschwuppe sicherlich eher an ihrem mühsam eroberten Beziehungspartner festhalten als die oft kompromisslosere großstädtische Arroganzcockonova.
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Wer aber glaubt, die DDR sei für Schwule der Himmel auf Erden gewesen, der irrt. Vielmehr galt diese Neigung als ein vom Kapitalismus geerbtes Laster, und von Toleranz und Akzeptanz konnte hüben wie drüben im Dunkeldeutschland keine Rede sein. Die zu DDR-Zeiten existierenden Homobars in den Großstädten wurden streng überwacht und waren jederzeit von der Schließung bedroht. Die Damen und Herren um den lieben Erich Honecker hatten paranoide Angst, dass sich aus dieser Bewegung heraus Widerstand gegen das sozialistische Regime formieren könnte. Eine der größten Persönlichkeiten der homosexuellen Emanzipationsbewegung im diktatorischen System der ehemaligen DDR war die unvergessene Charlotte von Mahlsdorf, alias Lothar Berfelde. Er war der Initiator des Gründerzeitmuseums in Berlin-Mahlsdorf, wurde 1928 in Berlin geboren und starb im Jahre des Herrn 2002 an einem Herzinfarkt, ebenfalls in unserer armen, aber sexy, lauwarmen Tuntenhauptstadt.
Vereint, da ja zusammenwichst, was zusammen schläft, ooh. Pardon: zusammenwächst, was zusammen gehört, wurden die verhinderten, sozialistischen Kiezbefruchter aus Ost und West dann in den folgenden Wendejahren zu braven Schwulen und loyalen, liberalen, toleranten, multikulturellen und für fortbestehende Missstände blinden Staatsbürgern. Sie gefallen sich heute in ihren bunt gestalteten Ghettos, überschwemmen die Nation mit ihrem Senf auf allen Fernsehkanälen und in der Boulevardpresse. Zudem sehen sie sich allzu gerne als Trendsetter, was sie sicherlich einmal gewesen und vielleicht auch noch bedingt sind. Längst vergessen sind die natürlich in die Jahre gekommenen Altschwulis, die ihnen diese Lebensweise durch ihren Kampf gegen die Unterdrückungssysteme erst ermöglicht haben. Vergessen wird auch, dass ihre befreite Sexualität nur in einer Gesellschaft möglich war, die logischerweise selbst befreit war.
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So vertraut er seinem besten Freund unter dem Siegel der absoluten Verschwiegenheit an, dass er wieder einmal nach Barcelona fliegen muss, um sich seinen marginal erschlafften Hintern liften zu lassen. Wenn man sonst keine Sorgen hat?! Nach seiner Rückkehr stellt er dann oft erstaunt fest, dass die Hälfte seines schwulen Bekannten- und Freundeskreises mit einem breiten Grinsen im Gesicht nicht mehr in sein geliftetes Gesicht, sondern neugierig auf seinen renovierten Gluteus Maximus starrt. Sofern dem alternden Familiengründungsboykotteur diese >meinem Erachten nach unnötige und unsinnige< Möglichkeit finanziell nicht zur Verfügung steht, ergibt er sich seinem unabwendbaren Schicksal und altert gezwungenermaßen auf ganz natürliche Art und Weise. In der Regel!
Abweichend von dieser Regel versteht es die eine oder andere, seit Jahren in der Midlife-Crisis befindliche und bereits leicht graumelierte Tucke, ihren 38. Geburtstag mit der Inbrunst der Überzeugung bereits zum zehnten Mal zu zelebrieren. Dafür lässt sie sich für horrende Summen die ohnehin schon lichter werdenden Haare wasserstoffblond färben, überschüssiges Bauch- und Doppelkinnfett von einem Entstellungschirurgen absaugen, kleidet sich modisch in den angesagtesten Hip-Hop-Skaterklamotten >die eigentlich unseren minimal konfigurierten, faltenfreien, smarten Frischlingen vorbehalten sein sollten< und ist entzückt über ihre manikürten, feingliedrigen und hornhautfreien Onanierzangen. Sie scheut sich auch nicht, ihren ebenfalls in die Jahre gekommenen Hackfressen-Kosmetiker nunmehr wöchentlich zu kontaktieren.
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Zum Thema Homofeindlichkeit merke ich noch kurz an, dass in einer wissenschaftlichen Studie mit homophoben Männern über 50 % der Probanden sexuell erregt waren, wenn sie sich homosexuelle Pornos ansahen! Eines der schaurigsten Kapitel der Neuzeit hat hier sicherlich und unvergessen ein Scheusal namens Adolf Hitler geschrieben, dem von psychologischen Verhaltensforschern auch eine vorhandene, latente homosexuelle Neigung zugeschrieben wird. Auf den größten Massenmörder der Geschichte gehe ich nachfolgend noch ausführlicher ein. Bei homophoben Problemen von Jugendlichen sind aus meiner Sicht gerade und in erster Linie das selten vorhandene aufmerksame Elternhaus und ab einem gewissen Alter dann auch die noch seltener vorhandene fürsorgliche Schule gefordert. Nämlich solchen Homophobien durch sachliche Argumentation entgegenzuwirken, um zukünftige Straftaten homophober Zeitgenossen >bis hin zum Mord< zu verhindern. Alternativ böte sich die Möglichkeit, homofeindlichen Personen mit sozialer Aversion und Aggressivität meine ‚kleine‘ Abhandlung zu diesem Thema in die Hand zu drücken. Ich versichere an Eides statt, dass dadurch niemand schwul wird oder verblödet.
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Bis ins hohe Mittelalter galt Fäkalerotik im Christentum zwar als Sünde, aber noch nicht als Verbrechen und erst recht nicht als Grund für eine Verurteilung durch ein Gericht. Erst ab dem 13. Jahrhundert drohte unseren mittelalterlichen Tunten dank der kirchlich-christlichen Gesetzgebung mit dem Scheiterhaufen ein verflucht heißer Hintern. In der Zeit der Sodomitenverfolgung, der Tausende unserer schwulen Dinoahnen zum Opfer fielen, durfte das Wort ‚Analverkehr‘ ebenso wenig in den Mund genommen werden wie andere ‚widernatürliche Praktiken‘. Sie wurden als jene schrecklichen Sünden bezeichnet, die man unter Christen nicht aussprechen durfte. Ein qualvoller Feuertod der noch atmenden, aufeinander fixierten, nun sicher völlig ungeilen hetero- oder homosexuellen Paare war Teil der Teufelsaustreibung.
Im Angebot war auch das äußerst unangenehme Pfählen, bei dem das männliche Opfer am After auf einen abgerundeten, angespitzten und eingefetteten Pfahl gesetzt wurde und durch sein Eigengewicht einen teils tagelangen, qualvollen Todes starb. >Anm.: Diese Methode wurde inzwischen durch das deutlich schmerzfreiere Dildo ersetzt.< Für die Betroffenen war es alles andere als witzig, dass die Verstümmelung des einst stolz zur Schau getragenen männlichen Fruchtbarkeitssymbols, das Ausreißen eines Auges oder das Auspeitschen in jener dunklen Zeit als angemessene christliche Strafen für überführte Übeltäter und Übeltäterinnen galten. Und das Ganze angeblich im Namen Jesu Christi?
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Die antiken Griechen waren der Meinung und der festen Überzeugung, dass nur die männliche Liebe den Knaben die Fülle der männlichen Kraft verleiht. Ganz offensichtlich kann die Einstellung der alten Griechen zur Homosexualität nicht so falsch gewesen sein. So schätzten selbst die später herrschenden Römer die philosophischen Fähigkeiten der alten und weisen Griechen, um sie dann in praktischer Form für ihr Volk anzuwenden. Zurück zu Platon, Sokrates, Dionysios & Co. Für Platon waren die Begierde und der Sex nur die unterste Stufe der Liebe. Für ihn galt es, die Liebe auf wesentlich höhere Stufen zu stellen. Der Liebe zu den schönen Dingen des Lebens folgte die Liebe zur Wissenschaft und zu den schönen Gedanken. Platon strebte nach den ganz großen Idealen, nach der unerreichbaren Schönheit, nach der absoluten Wahrheit und schließlich nach der Göttlichkeit. Hach, ja! Abgesehen von der Göttlichkeit, wusste dieser weise alte Mann, was wahre Liebe ist. Nach diesem kurzen Ausflug in die Antike komme ich nun zum Thema der sozialen Integration unserer warmen Brüder im 17. und 18. Jahrhundert.
Im Spätmittelalter wurden in Norditalien, Spanien und im 18. Jahrhundert auch in den Niederlanden, Frankreich und England Hunderte von Hinrichtungen durchgeführt, die dazu führten, dass viele unserer ansonsten sehr widerstandsfähigen und lebensfrohen Spezies starben. Bereits um 1700 bezeichnete man in europäischen Metropolen wie Amsterdam, London oder Paris Menschen als hetero- oder homosexuell, als normal oder andersartig. Wobei ich anmerke, dass die Betonung eindeutig auf andersartig und nicht auf abartig liegt! So verdanken wir der Französischen Revolution auch die Abschaffung aller Gesetze gegen widernatürliche Unzucht. 1794 wurde in Preußen dann per Gesetz festgelegt, dass Analverkehr nicht mehr mit dem Tod, sondern nur noch mit Zuchthaus bestraft wurde. Was sich dann hinter den Zuchthausmauern abgespielt hat, dürfte leicht zu erraten sein. Ältere Schwule unter uns erinnern sich vielleicht noch an Polizeispitzel und die geheimen ‚Rosa Listen‘ der Strafbehörden. In diesen Listen fanden sich zahlreiche Namen von tatsächlich oder vermeintlich homosexuellen Zeitgenossen. Gleichgeschlechtliche Handlungen galten damals noch als Geisteskrankheit und konnten unsere ‚Unzucht treibenden‘ Urtrieb-Väter in Irrenanstalten oder Zuchthäusern enden lassen.
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Und nun komme ich, wie versprochen, zu dem Tag, an dem die schwul-lesbische Revolution ihren weltweiten Siegeszug antrat; auch wenn sie in überwiegend islamisch geprägten Ländern bis heute verboten und unterdrückt wird. Für die Schwulen und Lesben ist dieses Ereignis das, was für die Christen die Feste Ostern und Weihnachten sind. Am historischen 28.06.1969 kam es gegen 01:20 Uhr Ortszeit in der New Yorker Schwulen- und Tanzbar ‚Stonewall Inn‘, die dem ‚Mafia-Genovese-Clan‘ gehörte, zu einem weiteren homophoben Polizeieinsatz. Womit die bösen Bullen in dieser Nacht nicht gerechnet hatten, war die Tatsache, dass sich die rund 200 männlichen Gäste die permanenten Schikanen nicht länger gefallen lassen würden. Bis dahin gehörten gewalttätige Razzien, Personalienfeststellungen, Beleidigungen, Diskriminierungen, körperliche Übergriffe und unbegründete Festnahmen zum Leben im Untergrund.
Bis irgendjemand brüllte: „Scheiß drauf! Heute schlagen wir zurück!” Der blutige Aufstand mit Straßenschlachten, der für die Cops zu einem peinlichen Debakel wurde, endete erst am 3. Juli 1969, einen Tag vor dem ‚Independence Day‘, dem amerikanischen Nationalfeiertag, der an die Unabhängigkeitserklärung von 1776 erinnert. Es war das erste Mal in der Geschichte der USA, dass sich ein Großteil der anwesenden Homosexuellen und anderer sexueller Minderheiten mit Erfolg ihrer Verhaftung widersetzte. Was kaum jemand weiß: Unter den Demonstranten befanden sich zahlreiche gewaltbereite Transvestiten, Schwarze, Latinos und Dragqueens, also wie Mädchen gekleidete Männer. Diese wollten in der Nacht vom 28. auf den 29.06. der am 22.06. verstorbenen >von mir bereits erwähnten< Schwulenikone Judy Garland gedenken, die versteckt lesbisch lebte und Mutter der Entertainerin Liza Minnelli war. Die Lage des Lokals in der Christopher Street begründete damit den CSD, dessen erste organisierte ‚Gay-Pride-Parade‘ bereits ein Jahr später in New York stattfand und dort stets am letzten Samstag im Juni gefeiert wird.
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Gehen und sehen wir also weiter voller Optimismus in die schweinchenrosa Zukunft und lassen wir >ohne es zu übertreiben< als echte Männer unsere femininen Seiten zu. Erfüllen wir das Klischee, indem wir viel Wert auf körperliche und geistige Fitness, Hairstyling, Mode, Pediküre und Maniküre legen und dafür weiterhin unsere mühsam ersparten Euronen ausgeben! Immerhin kurbeln wir damit unsere krisengeschüttelte Marktwirtschaft an. Unsere Minderheit ist inzwischen zur bevorzugten Zielgruppe der Mode-, Schmuck-, Zigaretten-, Trendgetränke- und Kosmetikindustrie mutiert. Diese scheut sich seit Jahren nicht, gleichgeschlechtlich liebende Paare auf großflächigen Plakaten und in zahlreichen Medien einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.
Nur am Rande sei erwähnt, dass Schwule oft auch Trendsetter auf diesem riesigen Markt der Eitelkeiten sind. Die Organisatoren von Großveranstaltungen wie dem Kölner CSD freuen sich einen Ast, wenn sie von einigen Megakonzernen großzügig und selbstverständlich völlig uneigennützig gesponsert werden. Rein ästhetisch betrachtet sind mir diese Männer allemal lieber als der biersaufende, kettenrauchende, chipsfressende Vollhetero, der sich nach Feierabend >sofern er überhaupt einen Job hat< unrasiert in den Fernsehsessel quetscht, sich durch Dutzende von Fernsehkanälen quält, seine Frau und Kinder vernachlässigt und/oder misshandelt und dabei seine seit zwei Wochen getragene, graue, überdimensionierte und versiffte Schießer-Feinripp-Unterwäsche zur Schau stellt. Dann doch lieber schwul, stolz, attraktiv, lebensfroh, sensibel, kinderlos, frauenfreundlich, tolerant, figur- und gesundheitsbewusst. Oder?
– Ende –
Schwulenwitz 4:
Fahrer zum Chef: „Mit meinem Beifahrer fahre ich nicht mehr, der ist stockschwul!“ Chef: „Woran haben Sie das denn gemerkt?“ Fahrer: „Immer, wenn ich ihn küsse, macht er die Augen zu!“
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