= L E S E P R O B E N =
> Jetzt möchte ich mich selbst verwirklichen. Aber wie sollte ich, es sei denn, ich würde ein Planet, auf dem Leben besteht? Ist das nicht das Ziel eines jeden Menschen?“ Khalil Gibran <
Das Ideal >lateinisch idealis; zu griechisch / lateinisch ιδέα / idea – die Idee) bezeichnet >auch als Adjektiv bzw. Adverb ideal) ein als höchsten Wert erkanntes Ziel, eine angestrebte Idee der Vollkommenheit. >Quelle: www.wikipedia.de<
Wie nun definiere ich Ideale? Ich bin überzeugt, dass sich das gar nicht definieren lässt. So individuell der einzelne Mensch ist, so individuell sind auch seine jeweiligen Idealvorstellungen, falls er überhaupt welche hat. Für den Alkoholiker ist der höchste Wert seiner täglichen Mission die Beschaffung des Stoffes, der ihn vergessen lässt. Für den Marathonläufer ist das Ideal vielleicht die Ziellinie, für den Politiker der Applaus, für den Bankvorstand der Bonus. Für mich? Ein Mensch ist ein Idealfall, wenn er mich nimmt, wie ich bin, wenn Vertrauen kein Vertrag ist und Freundschaft keiner Quittung bedarf. Für mich ist eine Zweizimmerwohnung in der Innenstadt mit Aufzug und bezahlbarer Miete ideal, während ein anderer erst in seinem 200-Quadratmeter-Penthouse im siebzehnten Stock das Gefühl von Vollkommenheit erlebt. Das Ideal, so heißt es in den Lehrbüchern der Philosophie, sei das Vollkommenheitsmuster schlechthin. Ein Maßstab für das, was wir Menschen kaum erreichen, aber nie aufhören, anzustreben. ‚Ideal‘ steht für musterhaft, ‚ideell‘ dagegen bloß gedacht, also schön, aber nicht unbedingt greifbar.
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Ideale? Die katholische Kirche hatte sie alle: Reinheit, Demut, Buße, und dann hat sie sie einzementiert, auf den Kackstuhl gesetzt und drum herum eine Kathedrale gebaut, damit ja keiner merkt, wie sehr’s nach Doppelmoral stinkt. Jahrhunderte später polieren sie immer noch am heiligen Porzellan, segnen die Spülung und nennen es Tradition. Wer da nicht glaubt, hat wenigstens Humor. Früher war das ideale Kind eines, das die Hände faltete, statt sie zu heben, das ‚Amen‘ sagte, wenn der Herr es verlangte, und den Mund hielt, wenn es etwas zu sagen gab. Heute ist das ideale Kind ‚woke‘, und damit endlich das, was die Kirche sich immer wünschte: Ein Wesen voller Schuldgefühle, das sich öffentlich kasteit, nur diesmal im Namen der Moral und nicht Gottes. Früher betete man für den idealen Sohn. Heute braucht man nur Geduld. Mit 13 nennt ‚es‘ sich Tochter, mit 15 ist sie non-binär, und mit 18 erklärt er dir, dass du altmodisch bist, weil du ihn überhaupt noch ‚ihn‘ genannt hast. Fortschritt nennt man das. Ich nenne es: Orientierungslosigkeit.
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Unsere Jugend orientiert sich an Menschen, die digital glänzen, aber real nichts leuchten lassen. Früher wollte man vielleicht wie Einstein denken oder wie Gandhi leben. Heute will man ‚viral gehen‘. Das Ideal des Geistes wurde vom Algorithmus gefressen. Likes sind die neue Währung der Anerkennung, Empathie die neue Armut. Wenn einer im Netz authentisch ist, heißt das meist nur, dass er sich besser vermarktet als die Konkurrenz. Authentizität als Geschäftsmodell ist eine groteske Perversion des Ideals. Und während wir auf Social Media unsere Ideale liken, verschwinden sie im echten Leben aus den Klassenzimmern, den Familien, den Freundeskreisen. Nur knapp 60 Prozent der Jugendlichen, so sagen Umfragen, hätten überhaupt ein Vorbild. Stars, Sportler, Sänger, Lehrer. Oder wahlweise der Algorithmus selbst. Aber wie ideal ist ein Idol, das kokst, prügelt, hetzt oder von Selbstliebe predigt, während es Selfies mit seinem Privatjet macht? Wenn das Idol fällt, fällt auch das Ideal. Und wenn das Ideal fällt, bleibt Zynismus.
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Prominente mit Rückgrat? Kaum noch auffindbar. Helden mit Haltung sind aus der Mode gekommen, ersetzt durch Figuren mit Followerzahlen. Wenn ich heute nach jemandem suche, zu dem ich aufsehen kann, lande ich vielleicht bei einem Bundespräsidenten, der leise bleibt, oder bei einem 91-jährigen Industriellen, der sich für andere einsetzt, ohne darüber zu twittern. Ideale sind wie Schatten: Sie verändern sich mit dem Licht der Zeit. Was gestern noch als tugendhaft galt, gilt heute als naiv. Und trotzdem: ohne Ideale verödet der Mensch. Sie sind die moralischen Knochen, auf denen der Charakter aufbaut. Sie halten uns aufrecht. Selbst wenn wir längst müde sind. Für mich persönlich sind Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Loyalität, Zuverlässigkeit, Neugier und Humor Ideale, an denen ich mich festhalte. Nicht, weil ich sie immer erfülle, sondern weil sie mich erinnern, dass Menschlichkeit kein Zustand, sondern eine Richtung ist.
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Mit den Idealen ist es häufig wie mit dem Geld: Entweder man hat sie, oder man tut nur so. Das Ideal des Geschäftsmannes ist die Beharrlichkeit, das des Sozialhilfeempfängers die Geduld. Das Ideal der Ehepaare ist die Treue, der Wunsch nach Gehorsam ihrer Kinder, und nur selten die Leidenschaft. Andere Gesellschaftsschichten schwören auf Ehre, Bescheidenheit, Sparsamkeit, Genialität oder Höflichkeit. Und am Ende sollte die goldene Regel lauten: „Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem anderen zu.“ Aber auch das ist kein Ideal, sondern eine Erinnerung. Eine Erinnerung an das, was einmal selbstverständlich war. Ich persönlich sehe das heute etwas anders. Wir stehen an einem Wendepunkt, an dem ausgerechnet Maschinen beginnen, uns Menschen in Logik, Intelligenz und sogar Kreativität zu übertreffen. Die einen jubeln, die anderen fürchten sich. Und während der Mensch seine Ideale in Algorithmen gießt, verschwindet eines meiner höchsten Ideale leise aus dem Alltag: die Empathie. Sie lässt sich nicht programmieren. Noch nicht. Ich hoffe nie.
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Ein junger Mann saß neben mir am Kiosk, das Handy in der Hand, den Blick verloren. Auf seinem Shirt stand: „Be your own hero.“ Nach einer Weile hob er den Kopf und fragte: „Sag mir, was sind eigentlich Ideale?“ Da lächelte ich – und sprach: „Ein Ideal ist wie der Stern, den du nie erreichst, aber der dir den Weg zeigt. Hüte dich vor jenen, die behaupten, ihn in der Tasche zu tragen – sie verkaufen dir nur glitzernden Sand. Das wahre Ideal wohnt in der Stille deiner Entscheidungen, nicht in den Slogans der Menge. Es ist das, was du tust, wenn niemand zusieht. Viele jagen dem Ideal nach, um sich selbst zu sehen – aber der Weise erkennt: Ideale sind keine Spiegel, sondern Fenster. Und wenn du eines Tages glaubst, dein Ideal verloren zu haben, dann schau in dich selbst: Dort wartet es geduldig, bis du wieder glaubst, dass es dich noch braucht.“
— Aus dem ‚Gibran-Zyklus‘ von Mike Schwarz © 2025 —
> Unser Verstand ist ein Schwamm, unser Herz ein Strom. Ist es nicht seltsam, dass die meisten von uns lieber das Saugen wählen, statt sich zu ergießen? Khalil Gibran <
Intelligenz >lat.: intelligentia ‚Einsicht, Erkenntnisvermögen‘, intellegere ‚verstehen‘< bezeichnet im weitesten Sinne die Fähigkeit zum Erkennen von Zusammenhängen und zum Finden von optimalen Problemlösungen. Hinsichtlich der unterschiedlichen Bereiche der Problemstellungen werden auch unterschiedliche Arten von Intelligenz unterschieden. Intelligenz ist, vereinfacht ausgedrückt, die Fähigkeit, Probleme und Aufgaben effektiv und schnell zu lösen und sich in ungewohnten Situationen zurechtzufinden. Trotzdem ringt die Wissenschaft seit mehr als 100 Jahren um eine zutreffende und umfassende Definition. Ein Teil der Wissenschaftler geht von einem einzigen, bereichsübergreifenden Intelligenzfaktor, dem ‚Generalfaktor g‘ aus, der unterschiedlich hoch sein kann.
Ne, das war mir vorher schon klar, dass ich bei Wikipedia hier keine kurze Erklärung zu dem Begriff Intelligenz erhalten würde. Mal schauen, wie es zu diesem Thema mit meinem eigenen Denk- und Urteilsvermögen, mit Logik und Kreativität bestellt ist. Viele sind der irrigen Meinung, dass der Intelligenzquotient, der sogenannte IQ, bei ein und derselben Person gleichbleibend ist. Dem ist nicht so. Als Kind kann dieser durch einen in Deutschland üblichen Intelligenztest ganz anders ausfallen als in Jugend- oder Erwachsenenjahren, geschweige denn im Greisenalter. Vielleicht wird ja sogar die Dummheit im Alter durch Erfahrung kompensiert. Oder umgekehrt.
Ich persönlich stehe diesen Intelligenztests auch sehr kritisch gegenüber. In der Regel werden nur Teilbereiche des menschlichen Wissens oder der Wahrnehmung getestet. Außerdem, wie möchte ich etwas präzise testen, wenn schon der Begriff Intelligenz nicht einmal klar definiert werden kann? So müsste bei jeder gestellten Testfrage auch berücksichtigt werden, aus welchem Kulturkreis die Testperson stammt. Ein Deutscher wird auf die Frage über den Begriff ‚Frieden‘ unter Garantie anders reagieren als ein Asiat. Und ein Mensch aus einer höheren sozialen Schicht mit entsprechender Bildung dürfte die gleiche Frage schneller beantworten als der Proband aus der New Yorker Bronx. Wird nicht auch ein 18-Jähriger zu einer IQ-Frage eine andere Antwort geben als eine 80-jährige Dame? Auch ein riesiger Wortschatz oder Lebenserfahrung sagen partout nichts über Intelligenz aus. Höchstens über den Umgang mit Sprache oder mit den Narben des Lebens.
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Intelligenz hat entgegen der landläufigen Meinung auch nichts mit intellektuell oder mit akademischem Grad zu tun. Was nützt der Doktortitel, wenn keiner mehr versteht, was der Träger sagt? Was nützt Intelligenz der Allgemeinheit, wenn sie nicht geteilt wird? Und was nützt ein hoher IQ, wenn der Besitzer sich am nächsten Stoppschild aufhängt? Intelligenz ohne Empathie ist ein leerer Raum, und Intelligenz ohne Humor eine Zumutung. Auch Armut oder Reichtum sind kein Maßstab. Der mit Bauernschläue ausgestattete Mensch kann mit List ein Vermögen anhäufen, während der hochintelligente Professor wegen Alkoholproblemen unter der Brücke landet. Ob Intelligenz vererbbar ist, bezweifle ich stark. Ich kenne Menschen, die studierten und promovierten, obwohl ihre Eltern intellektuell bestenfalls im Standgas liefen. Und umgekehrt. Wissenschaftlich belegt ist immerhin, dass Menschen mit hohem IQ über ein schwereres Gehirn verfügen. Nur: wer will das wiegen? Und wer will das Ergebnis glauben?
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Ein relativ neuer Begriff ist die Künstliche Intelligenz, die KI. Sie versucht, menschliches Denken nachzubauen. Was schon ein Witz in sich ist, wenn man bedenkt, dass der Mensch sein eigenes Denken oft nicht versteht. Die KI kann Fluch und Segen zugleich sein. Fluch, wenn sie Waffen steuert; Segen, wenn sie Pflegerobotern hilft, alte Menschen zu waschen, die von ihren Angehörigen längst vergessen wurden. Sie spart Arbeitskraft, Zeit und Geld; aber manchmal auch das Mitgefühl. Wie sehen wohl die hundert Entlassenen eines Betriebs den ‚Segen‘ des Chefs, der intelligenterweise lieber in eine KI investierte, als ihre Arbeitsplätze zu sichern? Die Maschine denkt schneller, fühlt aber nicht. Und so bleibt die KI genau das, was sie ist: eine Rechenmaschine im Glanz der Selbstüberschätzung.
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Bleibt die Ernährungsintelligenz. Frei nach dem Motto: Dummheit frisst, Intelligenz säuft. Da ich mich für Letzteres entschieden habe, weiß ich, wovon ich rede. Ich werde nicht dick, weil ich mir sage: Das Wenige, was du isst, kannst du auch noch trinken. Nur: was daran ist intelligent? Vielleicht die Erkenntnis, dass auch Selbstironie eine Form von Bewusstsein ist. Aber was ist daran intelligent, sich so zu mästen, dass zwei OP-Tische nötig sind, um die Leibesfülle zu bändigen? Welche Intelligenz steckt hinter einem Doppelt-Whopper-Arsch auf der Rolltreppe, der dir die Sicht nach oben versperrt und jederzeit umkippen könnte? Vielleicht ist das die Evolution im Rückwärtsgang. Am Ende gilt: Alle erwähnten Intelligenzen, wie alle Weisheiten, sind nicht essbar. Also sollte sich jeder Mensch mit der Intelligenz zufriedengeben, die ihm der Herr oder der Urknall mitgegeben hat. Hauptsache, er ist mit seiner eigenen zufrieden. Was immer also Intelligenz ist: ich habe meine eigene. Und das ist, bei Licht betrachtet, schon ziemlich intelligent.
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Zwei Teenager saßen auf einer Steintreppe und blickten hinab auf die Lichter der Stadt. Der eine sprach zu mir: „Erzähl uns bitte von der Intelligenz.“ Ich überlegte kurz und sagte. „Intelligenz ist die leise Stimme in dir, die versteht, bevor du denkst. Sie wohnt nicht in Zahlen und nicht im Ruhm der Gelehrten, sondern in der Demut des Herzens, das weiß, dass es nicht alles weiß.“
— Aus dem „Gibran-Zyklus“ von Mike Schwarz © 2025 —
> Nur ein Idiot und ein Genie brechen die von Menschen geschaffenen Gesetze; sie sind dem Herzen Gottes am nächsten.“ Khalil Gibran <
Die Justiz ist das staatliche Rechtswesen. Im System der staatlichen Gewaltenteilung wird der Begriff auch synonym für die Judikative – die Rechtsprechung – als dritte Gewalt neben Legislative und Exekutive bezeichnet. Er ist abgeleitet von der römischen Justitia, der Göttin der Gerechtigkeit >Quelle: www.wikipedia.de<
Justitia würde sich wahrscheinlich im Grab umdrehen, wenn sie wüsste, was ihre überwiegend männlichen Zeitgenossen heutzutage unter Rechtsprechung und Gerechtigkeit verstehen. Sie wird gewusst haben, warum sie ihre Augen verband. Recht haben, in Deutschland, und Recht bekommen, sind nach meiner Erfahrung, von denen ich leider mehr als genug habe, mit der Justiz, zwei völlig verschiedene Paar Schuhe! Recht kann man kaufen! In Deutschland gilt, solange ich juristisch denken kann, dass der mehr Recht erhält, der sich den besten und teuersten Rechtsanwalt leisten kann.
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Als ehemaliger Unternehmer lief ich früher erst den Aufträgen und dann meinem Geld hinterher. Da italienische Mahnmethoden in Deutschland leider nicht statthaft sind, durfte ich dann erst einmal durch die Mühlen der Justiz, um am Ende dann zwar einen Titel gegen den Schuldner zu haben, aber noch lange nicht mein sauer verdientes Geld. Im Gegenteil: Um mein Geld nicht zu erhalten, durfte ich auch noch Mahn-, Gerichts- und Anwaltskosten berappen. Derweil sonnte sich der Gläubiger in der Karibik und freut sich über die Lethargie der deutschen Justiz. Recht gesprochen wird hierzulande von den Richtern. Die Anklage übernehmen der Staatsanwalt und die Verteidigung der Anklage mehr oder weniger fähige Rechtsanwälte. Für bestimmte Aufgaben haben wir dann noch unsere lieben Notare. Für jeden Streitfall ist in der Regel immer ein bestimmtes Gericht zuständig, welches im Rahmen bestehender Gesetze entscheiden muss.
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Was wir von unserer Justiz zu halten haben, zeigte die Zeit nach dem seligen Ende eines gewissen Herrn Adolf Hitler. Bereits 1949 waren in Bayern wieder 81 % der ehemaligen Nazi-Richter in Amt und Würden. Welches Recht sie vor und während des Dritten Reiches ausübten, dürfte allgemein bekannt sein. Die gleichen Menschen, die zuvor Juden, Kriegsdienstverweigerer, Homosexuelle oder Regimegegner zum Tode verurteilten, sind die Begründer unserer heutigen Justiz. Die Reichsminister der Justiz waren in dieser braunen Zeit allesamt Parteimitglieder der NSDAP. Geil, ne?
Wir müssen aber in der Geschichte gar nicht so weit zurückgehen. Zu DDR-Zeiten gab es eine sozialistische Justiz, die voll unter der Kontrolle der SED stand, welche bei wichtigen Strafverfahren in die Rechtsprechung eingriff und Urteilsanträge der Staatsanwaltschaft der Staats- und Parteiführung zur Genehmigung vorlegen musste. Immerhin ersetzte aber die DDR ganz schnell die Nazijuristen durch unbelastete Volksrichter. Dennoch galt das Jurastudium in der DDR als das am stärksten reglementierte. Zum Ende der DDR gab es knapp 300 Rechtsanwälte, deren prominentester Vertreter Gregor Gysi sein dürfte.
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Interessant sind vielleicht auch mal einige statistische Zahlen unserer bundesdeutschen Justiz, einem nicht unerheblichen Arbeitgeber. Im Jahr 2003 erledigten die Zivilgerichte in Deutschland rund 1,9 Millionen Verfahren. Hierfür standen zur Verfügung: ca. 20.900 Richter, 13.700 Rechtspfleger, 5.100 Staatsanwälte und nur schlappe 110.000 Rechtsverdreher. Rund 34.000 Personen saßen in diesem Jahr in Untersuchungshaft, die meisten im Übrigen wegen Vermögensdelikten. Verurteilt wurden im gleichen Zeitraum 736.000 Personen, davon rund 128.000 Frauen und 178.000 Ausländer, von denen 58.000 unter 25 Jahren alt waren. 62.500 Personen durften im Jahr 2003 auf Staatskosten gesiebte Luft atmen. Um ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, bringt der Steuerzahler pro ‚Urlaubstag‘ zwischen 50 und 75 Euro auf. So betrugen allein die Inhaftierungskosten im Land Brandenburg im Jahr 2001 über 131 Millionen Euro.
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Wo mein Verständnis jedoch aufhört, ist, wenn die Justiz für Bagatelldelikte bemüht wird. So werden hierzulande kostspielige und zeitraubende, und in meinen Augen absolut unnötige Prozesse geführt, zum Beispiel wegen eines Streitwertes über 20 Euro, weil sich zwei Nachbarn oder Nachbarinnen nicht riechen können, oder der eine Autofahrer dem anderen den Stinkefinger gezeigt hat. Hierfür muss unsere Justiz nicht eingesetzt werden. Da sind uns andere Länder weit voraus. Auch in Deutschland könnten solche Bagatellfälle, über mehr ehrenamtliche Ombudsfrauen und -männer oder von mir aus auch über gewerbliche Schnellgerichtsunternehmen, für eine deutliche Entlastung sowohl im zeitlichen als auch im wirtschaftlichen Bereich sorgen.
Diese eingesparte Zeit könnte die Justiz zum Beispiel dahingehend sinnvoll einsetzen, indem Scheidungsverfahren beschleunigt bearbeitet werden und in Trennung lebende Ehepartner nicht die Möglichkeit hätten, noch eben locker bei Quelle oder Otto, zu Lasten der Verflossenen, Schäden in Milliardenhöhe anzurichten. Vielleicht ließe sich dadurch auch die Zeit freischaufeln, um sich mal wieder darauf zu besinnen, mehr Gerechtigkeit walten zu lassen. Hierüber würden sich jährlich tausende von Justizirrtum-Opfer bestimmt freuen. Vielleicht hätte die Justiz dann auch mal die Möglichkeit, korrupte oder verantwortungslose Politiker oder Wirtschaftsverantwortliche zu verfolgen und zu bestrafen. Auch so ließen sich sicherlich jährlich Milliarden von Euros einsparen.
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Es war nach dem zweiten Drink, als mich an einer Strandbar eine Jura-Studentin bat: „Erzähle mir von der Justiz.“ „Die Justiz, mein Kind,“ sprach ich, „ist wie ein Meer, das seine Gezeiten nach fremden Monden richtet. Sie nennt sich blind, doch sieht sie schärfer, wenn Gold in den Waagschalen glänzt. Sie wägt nicht Wahrheit, sondern Worte, und urteilt, wie es der Paragraf befiehlt, nicht wie das Gewissen flüstert. Denn Recht ist nicht immer gerecht, und Gerechtigkeit kein Gesetz. Wer sich auf sie verlässt, sollte schwimmen können – im Ozean der Auslegungen.“
— Aus dem „Gibran-Zyklus“ von Mike Schwarz © 2025 —
> Eure Kinder sind nicht eure Kinder! Sie sind Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach Erfüllung. Khalil Gibran <
Die Kinder sind die unmittelbaren Nachkommen einer Person, die biologisch von ihr in gerader Linie abstammen, oder die rechtlich als ihre Kinder festgestellt oder von ihr ‚an Kindes statt‘ adoptiert wurden: Tochter = weibliches Kind, Sohn = männliches Kind Adoptivsohn, Adoptivtochter = leiblichen Kindern gleichgestellt. >Quelle: www.wikipedia.de<
Hä? Wie bitte? Das ist also der Top-Relevanz-Faktor von Wikipedia? Na gut, fordere mich heraus! Dass Kinder nicht die Nachkommen von Bienen und Störchen sind, dürfte inzwischen selbst dem Dümmsten klar sein. Was Kinder im Plural mit einem Kind als Individuum zu tun haben, erschließt sich mir allerdings nicht. Für mich sind Kinder in den allermeisten Fällen das Produkt von Menschen mit mittelschwerer geistiger Behinderung, von purer Geilheit, Verhütungsboykott. Oder von zwei sich wirklich Liebenden. Oder, wie bei meinen eigenen, lange zurückliegenden Fortpflanzungserfolgen, als bewusste und gewollte Fortsetzung der Ahnentafel derer von Schwarz. Ich weiß allerdings nicht, ob sie sich überhaupt fortgesetzt hat. Von meinen beiden männlichen Nachkommen habe ich trotz ihres inzwischen fortgeschrittenen Alters jedenfalls seit über 20 Jahren nichts mehr von eigenen Zeugungserfolgen gehört. Vielleicht ist das auch besser so.
Statistisch hätten in meinem Fall 1,4 Stück Kind>er< ausgereicht – aber an welcher Körperstelle hätte ich die überzähligen 0,6 Stück Kind entfernen sollen? Mit diesem nicht immer ganz ernst gemeinten Kapitel möchte ich nicht über meine eigenen Kinder philosophieren, sondern über Kinder im Allgemeinen. Davon hat die Welt mit ihren acht Milliarden Menschen ohnehin mehr als genug. Nur wir Deutschen nicht. Abgesehen von wirtschaftlichen Interessen: Was spräche dagegen, wenn es nur 60, 50 oder 40 Millionen Teutonen gäbe? Grundsätzlich habe ich nichts gegen Kinder, wenn sie gut erzogen sind. Ganz im Gegenteil. Schade finde ich nur, dass der liebe Herrgott biologisch nicht dafür gesorgt hat, dass die Stimmbänder der Blagen erst mit zwölf Jahren funktionstüchtig werden. Das würde mir und vielen schwachen Nerven meiner Mitmenschen einiges ersparen.
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Hier könnte sich die sogenannte Schickeria ohne fachliche Beratung ein Beispiel an unseren Steinzeitmüttern und den Säugetieren nehmen. Jede normal tickende und stillfähige Mutter weiß, dass die Brusternährung der Flaschenaufzucht vorzuziehen ist. Was sind das für dekadente, meist spätgebärende Grazien, die zwischen Schnullerästhetik und Daumenlutschen schwanken, Frauenmanteltee trinken und sich vor der Zeugung, oder künstlichen Befruchtung, spermienbeschleunigendes Gleitgel gönnen? Grazien, die ihre Babys à la carte, natürlich unter Vollnarkose, mit perfekt lackierten Fingernägeln, der neuesten Modefrisur und edelsteinbesetztem Diadem in einer Privatklinik am Tegernsee zur Welt bringen? Die sich direkt nach dem Wurf fragen, ab wann sie ihren Wonneproppen möglichst schnell in fremde Hände, natürlich nur im Sinne der Frühförderung, geben können?
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Etwas nervig finden wir das bunte, lärmende, oft in China produzierte und meist giftige Geklimper, das uns an Schnüren im Bettchen und in der Babykutsche die Sicht versperrt. Werden hier vielleicht schon die Weichen für spätere psychotische Störungen gestellt? Mit den wachsenden Zähnen, und den damit verbundenen schlaflosen Nächten von Mama und Papa, wächst auch unser Bewegungsdrang, und schon sind wir im Krabbelalter. Was wiederum nicht nur unsere Erzeuger, sondern gleich die ganze Sippe freut. Von oben bis unten mit Brei besudelt und zu Tode gelangweilt, sitzen wir nicht nur in unserer müffelnden, plastikumhüllten Intimzonenabdeckung, sondern mittlerweile auch auf unseren mehr oder weniger bereits zigmal mit Kinderöl und -puder verwöhnten Po. Wenn uns diese Position gefällt, träumen wir davon, als Erwachsene verbeamtet zu werden. Und wenn das nicht klappt, bleibt uns immer noch die Alternative eines abwechslungsreichen, erfüllten, vitalen und hoffentlich langen Arbeitslebens.
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In den folgenden Jahren lernen wir dann mehr oder weniger das, was wir angeblich zum Leben brauchen: Schreiben, Lesen, Rechnen. Und rechnen für unsere Zukunft am besten nicht mit dem Schlimmsten. Wenn das intellektuelle Potenzial vorhanden ist, dürfen wir uns freiwillig oder unter Druck für eine höhere Bildung entscheiden. Nun lernen wir uns einen Wolf, oder eben nicht, und stellen die Weichen für eine hoffentlich sorgenfreie Zukunft. Ist der Junge zum Mann gereift und stolz auf den ersten Flaum im Gesicht, freut sich das Mädchen über extreme Stimmungsschwankungen, den ersten BH, die erste Menstruation und Schminke. Die kommunikativen, musikalischen und modischen Weichen sind gestellt, und so Gott will, widersteht man den zerstörerischen Folgen von Drogen, Alkohol und Nikotin. Wobei die Keuschheit trotz christlicher Sittenlehre und erfolgreicher Sexualaufklärung nur selten überlebt.
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Seit dem Jahr 2000 haben Kinder in Deutschland ein gesetzlich verbrieftes Recht auf gewaltfreie Erziehung. Selbst wenn es unsere lieben Kleinen als Scheidungskinder oder Opfer von Gewalttaten bis ins Erwachsenenalter schaffen, heißt das noch lange nicht, dass sie diese Lebensjahre in einem behüteten Elternhaus verbringen können. So landeten allein im Jahr 2005 in der BRD 25 400 Kinder nicht in der Obhut ihrer Mütter, Väter, Eltern oder Großeltern, sondern in der Obhut des Jugendamtes. Bevor die Behörden diesen schwerwiegenden Schritt einleiten, muss ein Verfahren eingeleitet werden, das zweifelsfrei feststellt, dass eine akute oder latente Kindeswohlgefährdung vorliegt. Die Dunkelziffer der Opfer von physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt dürfte um ein Vielfaches höher liegen. 41 Prozent der Rabenmütter und -väter gaben als Grund nicht etwa Schul- oder Drogenprobleme ihrer Sprösslinge an, sondern fühlten sich als Eltern schlichtweg überfordert.
Welche weiteren vermeidbaren psychischen Schäden diese ehemaligen Hoffnungsträger der Nation, die meist in Heimen landen, noch erleiden, entzieht sich glücklicherweise meiner Kenntnis. Kinder und Jugendliche werden immer wieder Opfer von Gewalt. Und Gewalt hat viele Gesichter. Fast jeder kennt die Fälle von Kindern und Jugendlichen, die von Sexualstraftätern, von Monstern, getötet wurden. Modern wie die Täter geworden sind, tummeln sie sich in Internetportalen, um ihre zukünftigen Opfer zu finden. Der Täterkreis schließt keine Berufsgruppe aus. So wurden auch unzählige Schutzbefohlene, Sozialpädagogen, Priester und andere, als Täter überführt. Vom Stiefvater oder leiblichen Vater, in geringer Zahl auch von Frauen, verübte sexuelle Übergriffe oder die feinere, aber ebenso brutale Form seelischer Gewalt sind weitere Risiken, denen unsere Kinder und Jugendlichen ausgesetzt sind.
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Wenn du jetzt glaubst, dass meine bisherigen und die folgenden Schilderungen dem Gehirn eines alten weißen Mannes entsprungen sind, muss ich dich enttäuschen. Wer glaubt, ich hätte mir diese Beispiele elterlichen Versagens ausgedacht, irrt. Ich beschreibe lediglich meine Beobachtungen, die ich im Laufe der Jahre gemacht habe. Meine Kritik an Erziehungsmethoden richtet sich keineswegs gegen die Kinder und Jugendlichen, sondern ausschließlich gegen deren Erziehungsberechtigte. Ob deren Handeln bewusst oder unbewusst geschieht, dürfte den betroffenen Opfern ziemlich egal sein. Sie haben die Folgen einer fehlgeleiteten Erziehung ein Leben lang zu tragen. Nachfolgend werfe ich einen Blick in meine imaginäre Glaskugel und stelle mir einige Fragen zur künftigen Entwicklung unserer Kinder. Und ich sehe nichts Gutes.
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Die Erziehungsmethoden heutiger Mittel- und Oberschichteltern und ein Übermaß an Zuwendung machen aus verweichlichten Jammerprinzen und -prinzessinnen krankhafte Egozentriker und Exzentriker. Es bleibt zu hoffen, dass ihre Kinder eines Tages begreifen, dass Konsum nicht glücklich macht, sondern, wie jedes Suchtverhalten, dem die Kräfte der Vernunft untergeordnet werden, nach immer mehr Konsum verlangt. Diese auf Höchstleistung getrimmten jungen Erwachsenen mit ihrem zur Schau gestellten, übersteigerten Selbstbewusstsein, ihrer mangelnden Ausdauer und geringen Belastbarkeit werfen bei der kleinsten Herausforderung des Lebens das Handtuch. Aus meinen langjährigen Beobachtungen und Gesprächen mit Jugendlichen stelle ich fest, dass viele von ihnen unselbständiger sind als mein Jahrgang, und nicht wissen, wie sie mit ihrem Frust oder mit konstruktiver Kritik umgehen sollen.
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Unsere Wissensdatenbanken hießen nicht Google oder Wikipedia, sondern alphabetisch geordnete Nachschlagewerke, oder einfach: der Duden. Und das Leben auf der Straße. Um das nachzuholen, was mir in den ersten sieben Lebensjahren im Kinderheim an Wissensbildung vorenthalten wurde, sog mein Gehirn danach Wissen über Regeln, Fakten, Theorien und vieles mehr auf wie ein Schwamm. Und das tut es bis heute. Nicht umsonst heißt es: „Wissen ist Macht!“ Dank medizinischem Fortschritt haben die mir nachfolgenden Generationen eine deutlich höhere Lebenserwartung als die meiner Eltern. Nur: Was soll unsere Gesellschaft mit diesem Zugewinn, wenn schon heute kein Geld mehr für eine ausreichend hohe Rente verfügbar ist? Sind Kinder wirklich die Zukunft unserer Gesellschaft? Aber vielleicht machen uns ja autokratisch regierte Länder einen Strich durch alle Statistiken. Wenn eine saubere Neutronenbombe auf uns geworfen wird. Doch wie immer gilt: „Die Hoffnung stirbt immer zuletzt!“
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Da trat eine Frau mit einem Kind auf dem Arm auf mich zu und sprach: „Sprich zu uns von den Kindern.“ Und ich sah das Kind an, das noch keine Worte kannte, und sprach: „Eure Kinder sind die Fragen, die das Leben an euch stellt. Ihr gebt ihnen Worte, doch sie hören nur euer Schweigen. Ihr zeigt ihnen Wege, doch sie folgen euren Spuren. Ihr nennt es Erziehung, doch sie nennen es Nachahmung. Und wenn sie euch eines Tages überholen, dann lächelt – denn ihr habt sie gelehrt, schneller zu werden, als ihr je zu träumen wagtet.“
— Aus dem „Gibran-Zyklus“ von Mike Schwarz © 2025 —
> In Wahrheit reden wir nur zu uns selbst, aber manchmal reden wir laut genug, damit andere uns hören können.“ Khalil Gibran <
Als Hausapotheke wird der häusliche Medizinschrank bezeichnet, in dem meist häufig benutzte Medikamente gelagert werden. Die Barmer Ersatzkasse bietet Ihren Kunden ab dem 1. März 2005 die Einschreibung in eine „Hausapotheke“ als pharmazeutisches Pendant zum „Hausarzt“ an. Dies soll die integrierte Versorgung etablieren und insbesondere die Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern erhöhen, um unwirtschaftliche Doppelverordnungen zu verhindern. Der Barmer-Kunde erhält für die Einschreibung beim Hausarzt / bei der Hausapotheke einen Großteil der Praxisgebühr erlassen. >Quelle: www.wikipedia.de<
Obwohl ich für die Barmer Ersatzkasse aufgrund meiner diversen Grunderkrankungen sicherlich ein großer Verlustfaktor bin, war der obige Beitrag nicht ganz das, was ich von Wikipedia zum Thema Kommunikation erwartet hatte. Nun ja, ich kam ja auch nicht auf diese Welt, um alles verstehen zu müssen. Zum Thema Kommunikation fallen mir dann doch wesentlich wichtigere Dinge ein als das Verständnis zwischen Patient, Apotheker und Krankenkasse, auch wenn selbst hier Kommunikation lebensrettend sein kann.
Das Wort Kommunikation bedeutet Verständigung untereinander, Verbindung oder Zusammenhang. Wie es um die Kommunikation heutzutage bestellt ist, will ich einmal aus meiner Sicht beleuchten. Kommunikation hat, wie alles im Leben, viele Facetten. In erster Linie denke ich beim Thema Kommunikation an den Versuch zweier Menschen, miteinander ein Gespräch zu führen. Das mag im Ansatz richtig sein, doch Kommunikation ist weit mehr: ein sich Verstehen und das Wahrnehmen der gedanklichen Verarbeitung erhaltener Informationen. Leider ist das in der heutigen Zeit nur noch selten der Fall. Kommunikation kann aber auch bedeuten, jemanden lediglich von etwas in Kenntnis zu setzen. Oder sogar einen gemeinsamen Konsens finden zu wollen.
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Erreiche ich die dritte Stufe, mein Gegenüber hat mich gehört und verstanden, stellt sich die Frage: Ist er auch einverstanden? Erst dann entsteht Dialog, und echte Dialoge, harmonisch oder kontrovers, aber respektvoll, sind selten. Ein Dialog braucht Toleranz, Vertrauen und Akzeptanz des anderen. Wenn ich mit Dingen einverstanden bin, heißt das noch lange nicht, dass ich sie konsequent anwende. Damit gebe ich Konrad Lorenz recht, der seine Forschung bekanntlich mit Gänsen betrieb, woher wohl der Ausdruck ‚dumme Gans‘ herrührt. Beispiele? Obwohl ich ein Verfechter des positiven Denkens bin, fällt es mir fast täglich schwer, das Fehlverhalten meiner Mitmenschen positiv zu sehen. Was bitte ist daran positiv, wenn ich morgens in der Bahn ein Buch lese und sich ein arbeitsscheuer, nach Billigfusel dunstender Penner mit versifften Klamotten neben mich setzt, vor sich hinlallt, rülpst, furzt und mir dann auch noch einen Knopf an die Backe labert?
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Doch Menschen kommunizieren nicht nur mit Menschen, sondern auch mit anderen Lebewesen. In unserer Zeit wird zudem ununterbrochen mit Computern kommuniziert. Und dann sind da jene, die leise mit sich selbst reden. Die Wissenschaft ist sich übrigens gar nicht sicher, ob zur Kommunikation überhaupt zwei Individuen nötig sind. Ich meine: nein. Warum soll Oma sich in ihrer Einsamkeit nicht mit der Schlafzimmertür unterhalten dürfen? Oder Opa mit dem Dackel? Was die ‚Unterhaltung‘ zwischen Mensch und Tier betrifft, bleibe ich bei meiner Haltung: Hunde zu Hunden, Katzen zu Katzen und Menschen zu Menschen! Unsere Kommunikationsmöglichkeiten haben sich im letzten Jahrhundert enorm verändert. Leider, wie ich finde, nicht zum Wohle der Menschheit. Früher mussten unsere Groß- und Urgroßeltern, wenn sie etwas wollten, persönlich miteinander sprechen. Mit der Erfindung des Telefons kam die zweidimensionale Kommunikation: Man konnte sprechen und hören, aber den Gesprächspartner nicht mehr sehen. Meist wussten wir immerhin noch, mit wem wir telefonierten.
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Da trat ein Mann auf mich zu, den die Nachbarn ‚den Schwaadlappe‘ nannten, weil er selbst im Schweigen redete. Und er sprach mich an: „Kollege, erzähle uns von der Kommunikation.“ Und ich sagte: „Worte sind die Schatten unserer Gedanken. Sie wandern, verlieren sich und kehren doch zu uns zurück. Die einen gebrauchen sie, um Mauern zu bauen, die anderen, um Brücken zu schlagen. Doch nur wer zuhört, versteht. Denn die wahre Kommunikation beginnt nicht mit dem Mund, sondern mit dem Herzen.“
— Aus dem „Gibran-Zyklus“ von Mike Schwarz © 2025 —
> Nur auf dem Pfad der Nacht erreicht man die Morgenröte.“ Khalil Gibran <
Die Krise >griechisch κρίση, krísi, früher auch κρίσις, krísis – ursprünglich die Meinung, Beurteilung, Entscheidung, später mehr im Sinne von die Zuspitzung< bezeichnet eine problematische, mit einem Wendepunkt verknüpfte Entscheidungssituation. „Krise“ ist sowohl in der Medizin als auch in der Soziologie ein Fachbegriff. >Quelle: www.wikipedia.de<
Die erste Krise erleben wir vielleicht schon bei unserer Mutter im Mutterleib, wenn der Frauenarzt ihr mitteilt, dass sie ungewollt schwanger wurde. Die zweite Krise können unsere Eltern bekommen, wenn wir nicht das gewünschte Geschlechtsmerkmal vorzuweisen haben. Wenn wir zum Beispiel als Zwitter das Licht der Welt erblicken. Eine dritte Krise kann dann aber auch der Arzt oder die Hebamme bei unserer Geburt bekommen, da wir zwar gewollt und gesund waren, uns aber schon bei der Ankunft querlegten. Das wiederum löste eine Krise bei den Eltern aus, weil man uns schließlich mit Gewalt per Kaiserschnitt holen musste. Sollten all diese Krisen nicht eingetreten sein, dürfen wir uns dennoch nicht auf ein krisenfreies Leben freuen. Denn die nächste Krise kommt bestimmt.
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Nachdem der liebe Herrgott nicht versäumte, uns zwischenzeitlich ein funktionierendes Gehirn mit auf den Weg zu geben, und wir weitere ausgeprägtere Empfindungen und Wahrnehmungen erhielten, können wir uns nun auch von den Eltern trennen, um in den Kindergarten aufgenommen zu werden. Was sowohl für die lieben Eltern als auch für die fleißigen Erzieherinnen und Erzieher, aber auch für uns selbst zur Kindergartenkrise führen kann, aber nicht muss. Freudestrahlend, oder auch nicht, betreten wir den Kinderkontrollraum, um zu lernen, uns mit mehreren Artgenossen auseinandersetzen zu dürfen. Und wir lernen auch, die Macht des Stärkeren zu akzeptieren. Was wiederum in der entstehenden Hackordnung zu Krisen auf allen Seiten führen kann und von nun an unser ewiger Wegbegleiter sein wird. Was wir die ganze Zeit nicht mitbekommen, sind diverse Erziehungskrisen, da jeder von uns unter Erziehung etwas anderes versteht.
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Je nachdem kann auch noch die Sexualitätskrise eine weitere, wenn auch unnötige, zusätzliche Belastung unseres immer noch jungen Lebens sein. Wobei es völlig egal ist, ob wir uns für eine Hetero-, Bi- oder Homosexualität entschieden haben. In allen sexuellen Bereichen müssen wir uns der Erwartung stellen, einwandfrei zu funktionieren. Was prompt zur nächsten Krise führt. Nun, nachdem wir unsere ersten Krisenerfahrungen sammeln durften, entschließen wir uns, uns zu binden, was dann wieder zur Kindererziehungskrise, Partnerschaftskonfliktkrise, Identitätskrise oder im ungünstigsten Fall zur Sinnkrise führen mag. Häufige Nebenerscheinungen in dieser Phase sind die Wohnungsbeschaffungs- oder Einrichtungskrise, die Drogenbeschaffungskrise oder die Geldknappheitskrise. Haben wir diese überwunden, wartet entweder das seltene Glück auf uns, oder aber die Ehescheidungskrise, die bekanntlich wahrscheinlicher ist und häufig in der Existenzkrise endet.
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Wir sehen also: Es gibt Krisen ohne Ende. Es kommt also nun für jeden darauf an, wie er oder sie mit der jeweiligen Krise umgeht. Was für den einen Menschen eine Krise ist, die bis in den Suizid oder Amoklauf führen kann, steckt der andere locker als zusätzlich gemachte Lebenserfahrung weg. Da mir alle erwähnten Krisenformen nicht unbekannt sind, darf ich für mich behaupten, mit jeder Krise auch gelernt zu haben, damit umzugehen. Und, man höre und staune, sogar aus jeder gemachten Erfahrung etwas Positives zu ziehen. Interessant ist hierbei die buddhistische Einstellung, die eine Krise einerseits als Gefahr, auf der anderen Seite jedoch als Möglichkeit der Veränderung sieht.
Mithin ist für mich eine Krise nichts Negatives. Im Gegenteil. Ich glaube, dass einer Krise immer ein oder mehrere Warnsignale vorangehen. Erkenne ich diese, wird es erst gar nicht zur Krise kommen können, da ich dann in der Lage bin, sie abzuwenden. Erkenne ich diese Warnsignale hingegen nicht, wird sich die jeweilige Situation weiter zuspitzen und damit nur noch schwer beherrschbar werden. Dies gilt sowohl im persönlichen als auch im wirtschaftlichen, religiösen und/oder politischen Leben.
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Da trat ein alter Mann mit müden Augen zu mir und sprach: „Meister, warum schicken die Götter uns Krisen?“ Und ich sprach: „Damit wir nicht glauben, unsterblich zu sein. Denn nur wer gefallen ist, weiß, was es heißt zu stehen.“
— Aus dem „Gibran-Zyklus“ von Mike Schwarz © 2025 —
> Der Tod ist nicht näher bei den Bejahrten als bei den Neugeborenen; das Leben auch nicht.“ Khalil Gibran <
Als Leben bezeichnet man eine metaphysikalische Entität, welche dann existiert, wenn die charakteristischen Eigenschaften eines Lebewesens gegeben sind. Was Leben ist, was sein Wesen ausmacht, oder ob es überhaupt existiert ist Gegenstand der Geistes- und Naturwissenschaft. >Quelle: www.wikipedia.de<
Hui, hui, und hui. Da hat sich aber einer mächtig einen intellektuellen Kopf gemacht, um die natürlichste Sache der Welt, das Leben, möglichst kompliziert zu erklären. Da mag ich erst einmal nachschauen, was ‚metaphysikalische Entität‘ denn auf Deutsch heißt. Laut Duden bedeutet Metaphysik: philosophische Lehre von den letzten, nicht erfahr- und erkennbaren Gründen und Zusammenhängen des Seins. Die Entität wiederum bedeutet nach Duden: philosophisch, das Dasein im Unterschied zum Wesen eines Dinges.
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Ich mag mit diesen Beiträgen nicht die Gesetzmäßigkeit der Bewegung von Materie, also des Lebens, im physikalischen, chemischen oder religiösen Sinn aufzeigen. Da ich ja bekanntlich Anhänger der Urknall-Theorie bin, nach der alles Leben dieser Erde aus einem einzigen Ur-Atom entstammt, ist mein Leben einfach nur ein X-Billionstel Teilchen davon. Nicht mehr und auch in diesem Fall nicht weniger. Für mich persönlich ist mein Leben einzigartig und einmalig. So wie mein genetischer Fingerabdruck, meine Irismerkmale oder meine Unterschrift. Mir ist bewusst, dass ich nur dieses eine kostbare Leben habe, welches eines Tages seine biologische Endlösung finden wird.
Mir geht es im Übrigen mehr um den Sinn oder Unsinn meines eigenen Lebens, jedoch nicht um den Sinn des Lebens oder des Todes. Wenn ich mir die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen würde, wäre es nur ein Zeichen dafür, dass mir das Leben sinnlos vorkommt. Doch das ist nicht der Fall. Der Sinn meines Lebens ist einfach der, dass ich da bin, und der Sinn meines Todes wird der sein, dass ich eines Tages halt nicht mehr da bin. Obwohl für mich im Leben alles eine Ursache hat, muss es noch lange keinen Sinn haben. Der Mittelpunkt in meinem Leben bin ich. Daran ändert auch nichts, dass ich von meinen, mir nicht persönlich bekannten Eltern, auf die Menschheit losgelassen wurde. Mein Leben besteht auch darin, aus möglichst vielen Lebensbereichen Fragen aufzuwerfen und Antworten zu erhalten, die mir erst eine Unterscheidung zwischen Sinn oder Unsinn im Leben ermöglichen.
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Gerade bei Kindern und Jugendlichen ist festzustellen, wie sie teilweise aus Übermut, Sorglosigkeit, Unaufmerksamkeit oder aufgrund mangelnder Lebenserfahrung ihr Leben nicht nur leichtsinnig aufs Spiel setzen, sondern es dabei auch häufig verlieren. Ohne wirklich je gelebt zu haben. Diese Sinnlosigkeit des jungen Sterbens macht mich immer wieder sehr betroffen. Über das ‚Warum‘ dürfte niemand eine Antwort kennen, und die Trauerfeier macht auch niemanden wieder lebendig. Von daher verzichte ich bei meinem Tod gerne darauf. Wenn ich mir ansehe, was Pfarrer und Pastoren bei Beerdigungen junger Menschen verzapfen, wird mir regelmäßig schlecht. Da wird mit schwerer Stimme von „Gottes unergründlichen Wegen“ gefaselt, von „einem Plan, den wir nicht verstehen können“, oder, mein persönlicher Favorit, vom „Heimgehen in Gottes Arme“. Welch ein grotesker Hohn für die, die hier zurückbleiben, fassungslos, leer, wütend, weil ein Kind, ein Jugendlicher, ein Mensch mitten im Aufblühen seines Lebens einfach nicht mehr da ist.
Manchmal denke ich, sie reden nur, um das Schweigen zu übertönen, das sie selbst nicht aushalten. Dieses Schweigen, das sich über die Friedhöfe legt, wenn Eltern, Verwandte, Freunde und Bekannte nicht mehr wissen, wohin mit sich. Und dann kommt da dieser Mensch in Talar und predigt etwas von Hoffnung und Wiedersehen! Als wäre das ein Trost, als wäre Schmerz mit Worten zu kitten. Es ist immer derselbe Textbaustein-Einheitsbrei, ein seelenloses Placebo für die Überlebenden. „Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen.“ Nein, verdammt! Das Leben hat genommen! Der Zufall, die Rücksichtslosigkeit, die Gewalt, die Sorglosigkeit. Alles, nur nicht irgendein ‚Herr‘. Ich frage mich, ob diese kirchlichen Seelsorger jemals begreifen, wie ihre Phrasen klingen, wenn Eltern am Grab ihres Kindes stehen. Vielleicht glauben sie wirklich, was sie da reden. Vielleicht müssen sie es glauben. Ansonsten würden sie an ihrer eigenen Scheinheiligkeit zerbrechen. Ich glaube nicht an Wiedergeburt, nur an die Physik. Mein Körper zerfällt in X-Billionen Atömchen, die sich irgendwann wieder nützlich machen. Was bleibt, ist die Seele. Und die hat längst ihre eigenen Pläne.
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Um bis exakt zu dieser von mir verfassten Zeile zu gelangen, machte auch ich, genau wie du, eine unglaubliche Entwicklung unseres Daseins mit. Du und ich sind lediglich ein Teil von 0,00001 % seit der Lebensentwicklung dieses Planeten. Wir alle haben das unfassbare Glück, nicht nur existent zu sein, sondern auch die Fähigkeit, dies zu würdigen, und mehr noch: vieles zu verbessern. Warum immer wieder Kriegstreiber versuchten und versuchen, mein Lebensumfeld, die Erde, zu zerstören, werde ich nie verstehen und als ungelüftetes Geheimnis mit in den Tod nehmen. Stellen wir uns nur einmal vor, wie viele Aberbillionen chemischer Reaktionen vom besagten Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren bis zu unserer Geburt erfolgten, bis es unser Leben gab. Wäre nur eine einzige dieser Reaktionen in die Hose gegangen: es gäbe dich und mich nicht.
Viele der ehemaligen und heutigen Zeitgenossen suchten oder suchen das Leben immer im Großen, und kaum jemandem ist bewusst, wie elementar klein unser Leben ist. Vielleicht entschied sich mein Leben in einer Nanosekunde. Sicher ist jedoch, dass dies auch bei meinen Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, Ururgroßeltern und all ihren Vorfahren so gewesen sein muss. Wäre nur einer von ihnen vor diesem Ereignis verstorben oder unfruchtbar gewesen: es gäbe mich nicht! Würde man meine Gene mit denen aller anderen Menschen auf dieser Welt, egal ob in Afrika oder Asien, vergleichen, würde man feststellen, dass sie zu 99,9 % übereinstimmen. Mithin liegt die Vermutung nahe, dass wir aufgrund der menschlichen Entstehungsgeschichte auch alle irgendwie, wenn auch weitläufig, miteinander verwandt sind. In einer einzigen meiner Körperzellen befinden sich 46 Chromosomen: 23 von meiner Mutter und 23 von meinem Vater. Diese beinhalten den Bauplan für meinen gesamten Körper und sorgen dafür, dass ich seit meiner Geburt so funktioniere, wie ich funktioniere. Ohne Wenn und Aber.
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Da trat ein junger Mensch zu mir und sprach leise, als fürchte er, die Antwort könnte ihn verändern: „Was ist das Leben?“ Und ich sagte: „Das Leben ist kein Wettlauf, den du gewinnen musst, sondern ein Atemzug, den du lernen darfst zu spüren. Es ist der Tanz zwischen Staunen und Schmerz, zwischen dem ersten Schrei und dem letzten Lächeln. Fürchte nicht das Fallen, denn im Fallen lernst du das Fliegen. Suche nicht den Sinn – lebe ihn. Und wenn du liebst, dann liebe, als sei es das erste und letzte Mal zugleich. Das Leben will dich nicht besitzen, es will nur, dass du es fühlst – mit all seiner Zärtlichkeit, seinem Chaos und seiner unendlichen Geduld mit uns.“
— Aus dem „Gibran-Zyklus“ von Mike Schwarz © 2025 —
> Die kommenden Jahrhunderte werden von den Armen die Gleichheit und von den Trauernden die Liebe lernen.“ Khalil Gibran <
Unter Lernen versteht man den individuellen Erwerb von Kenntnissen sowie von geistigen und körperlichen Fertigkeiten und Fähigkeiten. Lernen kann als systematische Änderung des Verhaltens aufgrund gewonnener und durchdachter Informationen >Wissen< durch Wahrnehmung von Veränderungen in der Umwelt bezeichnet werden. >Quelle: www.wikipedia.de<
Geil, ne? Und so schön wissenschaftlich formuliert… Aber wer sich meine Biografie durchlas, welche bewusst den Titel trägt „Arschkarte – Eine deutsche Kindheit“, erkennt, dass ich das Leben als Spiel betrachte. Und zwar so, wie zum Beispiel Kinder Spiele spielend lernen und dabei auch noch ihre Freude haben. Auch heute, im hohen Alter, freue ich mich immer wieder, wenn ich etwas Neues lernen kann, obwohl des Volkes Meinung ja die ist, dass man ab einem bestimmten Alter nicht mehr in der Lage wäre, etwas dazuzulernen. Ich hingegen argumentiere dann gerne mit dem Spruch: „Da wirst du alt wie eine Kuh und lernst doch immer noch dazu.“
Ich denke mal, dass wir alle dazulernen können; wenn wir es nur wirklich wollen. Ok, offensichtlich mit Ausnahme der Berufsgruppe der Politiker. Natürlich fällt das Lernen in jungen Jahren leichter als mit zunehmendem Alter. Zu lernen ist für mich eine der wichtigsten Dinge der Welt, vor allen Dingen: aus gemachten Fehlern zu lernen und sie möglichst nicht unnötig zu wiederholen. Wer wenig weiß, wird schnell zum Außenseiter unserer Gesellschaft. Und wer zu viel weiß, leider meist auch. Und wer bei der Mafia zu viel weiß – nun ja … der wird erschossen. Scherz. Lernen ist für mich ferner ein Abenteuer auf meiner Reise durch dieses Leben. Zum Lernen gehört für mich aber auch, Spuren zu hinterlassen oder Dingen, die mich interessieren, auf den Grund zu gehen. Voraussetzung für das Lernen ist die Fähigkeit der Erinnerung, und das Lernen dürfte denen leichter fallen, die über ein gutes Gedächtnis verfügen. Lernen sollte mehr sein als das reine Abspeichern von Informationen.
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Und dann gibt es noch eine ganz eigene Form des Lernens: das Lernen durch Angst. Schon im zarten Kindesalter lernt man in vielen Familien, dass es einen gibt, der alles sieht: den lieben Gott; und einen anderen, der alles bestraft: den Teufel. Welch ein genialer Erziehungstrick! Statt Vertrauen und Neugier zu fördern, wird Angst gesät. Kinder lernen, sich vor der Hölle zu fürchten, bevor sie überhaupt wissen, was Himmel bedeutet. Sie lernen, dass Sünde schon im Gedanken beginnt, dass Neugier gefährlich ist und Lust verboten. Ich erinnere mich gut, wie Nonnen mir beibrachten, dass der Teufel in mir wohne, wenn ich lache, träume oder gar denke, was ich nicht denken sollte. Welch eine Pädagogik! Man nimmt einem Kind die Unschuld, um es dem Himmel gefügig zu machen. Aus Liebe wird Pflicht, aus Glauben wird Kontrolle. Ich sage: Kinder sollen die Welt lieben lernen, nicht fürchten. Sie sollen das Gute nicht wegen der Belohnung tun, sondern weil es sich richtig anfühlt. Der Teufel, wenn es ihn denn gibt, trägt vermutlich Soutane und ein Weihwasserfass unterm Arm.
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Lernen zu lernen, hieß früher schlicht: Aufpassen! Heute jedoch gleicht das Lernen eher einem Hindernislauf durch den digitalen Dschungel. Kaum hat man die ersten drei Sätze eines Textes verstanden, ploppt irgendwo ein Werbebanner auf, das uns suggeriert, dass wir dringend ein neues Handy, eine schönere Nase oder wenigstens eine bessere Matratze brauchen. Zwischen TikTok-Reels, WhatsApp-Gruppen und E-Mail-Flut bleibt der Geist wie ein alter Computer hängen: „Speicher voll – bitte schließen Sie einige Programme.“ Und während wir noch hektisch versuchen, die geistigen Fenster zu sortieren, geht das eigentliche Lernen bereits verloren. Im Nirwana der ständigen Ablenkung.
Früher, so erzählt man, konnte man sich Wissen noch merken. Heute reicht ein Wisch nach rechts, und schon glaubt der Homo digitalis, er sei klüger als Aristoteles. Dabei verwechseln viele das reine Abrufen von Informationen mit Verstehen. Googeln ersetzt kein Denken, YouTube kein Begreifen. Lernen bedeutet immer auch Mühe, bedeutet Wiederholung, bedeutet Frust und Triumph, und manchmal sogar Tränen. Aber genau darin liegt die Magie: Nur wer sich die Finger am heißen Ofen der Erkenntnis verbrennt, weiß am Ende, warum man sich nicht die Hand auf die heiße Herdplatte legt.
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So lernte ich mit den Jahren, hinter Kulissen zu schauen, hinter Masken meiner Mitseelen zu blicken, was nicht immer ein Vergnügen ist, mich aber dennoch bereichert. Ich lernte, zu erkennen, wie gut es mir doch im Verhältnis zu vielen anderen geht. Ich lernte, meine Ängste zu besiegen, und ich lernte, mir neue Aufgaben und An- und Einsichten zuzulegen. Ich lernte sogar, das Leben heute aus einem ganz anderen, nämlich meinem eigenen, ganz individuellen Blickwinkel zu sehen. So lernte ich auch, dass viele vermeintliche Siege trügerisch sind. Ich lernte, nicht aufzugeben, und ich lernte, mich so anzunehmen, wie ich bin. Ich lernte, Dingen auf den Grund zu gehen, ich lernte, Lösungen zu finden, wo ich vorher nicht suchte, und ich lernte, meine Grenzen zu kennen, die jedoch keine Grenzen sind. Ich lernte sogar, über den Tellerrand zu schauen, und ich lernte, dass der Kopf rund ist, damit das Denken seine Richtung jederzeit ändern kann.
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Da trat ein junger Schüler zu mir und sprach: „Meister, was ist das Lernen?“ Und ich antwortete ihm: „Lernen ist die Kunst, das Bekannte zu vergessen, um das Neue zu erkennen. Es ist das Aufbrechen alter Gedanken, damit der Geist sich neu formen kann. Denn nur wer unaufhörlich lernt, bleibt lebendig – auch wenn sein Körper längst müde ist.“
— Aus dem „Gibran-Zyklus“ von Mike Schwarz © 2025 —
> Glaube nicht, dass du den Lauf der Liebe lenken kannst, es ist die Liebe, die deinen Lauf lenkt, wenn sie dich für würdig hält.“ Khalil Gibran <
Liebe (von mhd. liob ‚gut'< ist im engeren Sinne die Bezeichnung für die stärkste Zuneigung, derer ein Mensch fähig ist, für einen anderen Menschen zu empfinden. Sie stellt ein Gefühl oder eine innere Haltung positiver, inniger und tiefer Verbundenheit zu dieser Person des Nächsten dar, die den reinen Zweck oder Nutzwert einer zwischenmenschlichen Beziehung übersteigt und sich in der Regel durch eine tätige Zuwendung zum anderen ausdrückt. Auch wenn Liebe und Sexualität eng miteinander verbunden sind, bedingen sie einander nicht zwingend. Liebe weist zudem über eine rein sexuelle Betätigung hinaus. >Quelle: www.wikipedia.de<
‚Aorta Emotionis‘: Oft gleicht die Liebe einer Operation am offenen Herzen: Operation geglückt – Patient tot. OK! Nun meine Ausführungen zu dem Thema Liebe: Wie Hunderte Generationen vor mir, wage ich mich daran, die Liebe zu erklären. Es ist ein schweres Unterfangen, da Liebe für mich in erster Linie ein Gefühl ist und von daher nicht fassbar. Und was nicht fassbar ist, ist eigentlich auch nicht begreifbar. Dennoch werde ich es versuchen und beschränke mich mit meinen Ausführungen nur auf die Liebe unter Menschen, obwohl ich auch Menschen kenne, die ihren Papagei mehr lieben als alle anderen Menschen um sie herum.
Beginnen wir mit der Liebe vor unserer Geburt. Ich bin davon überzeugt, dass unsere emotionalen Antennen bereits im Mutterleib fühlen, ob wir ein Kind der Liebe sind oder ob uns unsere Mutter innerlich ablehnt, da wir nur das Ergebnis eines kleinen Betriebsunfalls wurden. Bekanntlich ist nicht jedes Kind als ein Kind der Liebe gezeugt worden. Vielleicht erklärt das, warum ich trotz meiner dunklen Kindheit fähig bin, nicht nur andere und anderes zu lieben, sondern seit ein paar Jahren auch mich selbst. Leider erfuhr ich persönlich, wie aus meiner Biografie ersichtlich, erst mit rund 45 Jahren, dass auch ich mit Liebe gezeugt wurde, mir diese dann aber viele Jahre, nämlich der wichtigsten, den ersten Lebensjahren, vorenthalten wurde. Und doch, irgendwo tief in mir, muss sie dagewesen sein: diese unsichtbare Nabelschnur der Zärtlichkeit, die sich nicht ganz kappen ließ. Vielleicht ist es genau dieses feine, kaum hörbare Saitenzittern im Inneren, das uns später fähig macht, trotz aller Brüche wieder zu lieben.
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Die Lieben der folgenden Jahre werden dann sehr vielschichtig. Es folgt die Liebe zum Spielzeug, mit viel Glück die Liebe zur Schule, die Liebe zu lieb Gewonnenem. Dem folgt die erste, noch unreife Teenagerliebe, die jedoch nur selten lange Bestand hat. Was auch gut so ist, denn sie dient dem Sammeln von Erfahrungen und der Erforschung der eigenen sexuellen Orientierung. Ihr folgt dann in der Regel die Verbindungsliebe, der dann leider oft die Entbindungsliebe folgt. Sofern die Verbindungsliebe jedoch Bestand hat, folgt die Kinderliebe zu der eigenen Brut. Jahre danach wachsen die Enkelkinderliebe und dann die Altersliebe. Es wäre schön, wenn es so wäre. Die meisten Verbindungslieben, die ich kenne, sind jedoch mehr Gewohnheitslieben, denen die Basis, nämlich die Liebe, verloren gegangen ist. Spätestens jetzt dürfen wir von einer Zweckliebe reden, die jedoch auch keine ehrliche und wahre Liebe mehr ist.
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Das Symbol der Liebe ist das Herz, und das Herz ist unser Schlüssel zum Leben. Und dieses Leben findet die Liebe, aber nicht, wenn wir sie suchen; die Liebe wird uns finden, wenn wir uns von ihr finden lassen wollen. Vielleicht ist das die größte Ironie: Je weniger wir nach ihr jagen, desto leiser tritt sie ein, barfuß, schüchtern, unerwartet. Und wenn sie wieder geht, dann meist genauso leise. Manchmal hinterlässt sie Chaos, manchmal nur eine Spur aus Parfum und Erinnerung. Aber sie hinterlässt immer etwas: uns selbst, in einer neuen Version. Für mich ganz furchtbare Wortspiele sind Ausdrücke wie Liebes-Kummer. Was nun? Liebe oder Kummer? Oder Liebes-Wahn. Wahn oder Liebe? Noch ein Beispiel: Liebes-Lust. Lust oder Liebe? Liebes-Abenteuer: Abenteuer oder Liebe? Liebes-Trunken: Trunkenheit oder Liebe? Solche Wortspiele können immer nur trennende Wirkung haben und führen nicht zu der Liebe, die nichts erwartet.
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Wenn du deine Liebe nicht mit deiner Liebe begießt, wird sie verdorren und ist gleichfalls auf ewig verloren. Und dennoch: selbst wenn sie verdorrt: irgendwo im Inneren bleibt immer ein Samen. Er wartet nur auf Licht, auf Wärme, auf das nächste Herz, das vorbeikommt und sagt: „Ich sehe dich.” Dann blüht sie wieder, ein bisschen anders, ein bisschen vorsichtiger vielleicht; aber sie blüht. Wahre Liebe benötigt keinen Trauschein, wahre Liebe benötigt kein Symbol, kein gemeinsames Liebesnest, keinen Beweis. Wahre Liebe braucht keinen Sex, keine Kinder, keine Religion, keine Nationalität. Weil wahre Liebe immer in uns beginnt. Und dort bleibt, selbst wenn der Mensch, den wir liebten, längst fort ist. Und wenn du irgendwann auf dein Leben zurückblickst, wirst du erkennen: Die Liebe war nie perfekt, aber sie war immer echt. Und sie war immer deins. Behandele die Liebe mit Ehrfurcht, und nicht mit Furcht. Denn wer sie einmal wirklich gespürt hat, weiß: Sie kommt, wenn sie will. Sie geht, wenn sie muss. Und manchmal, ganz selten, bleibt sie.
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Da trat eine alte Frau zu mir, ihr Rücken gebeugt vom Gewicht vieler Jahre, doch ihre Augen leuchteten, als hätten sie gerade erst gelernt zu lieben. Sie sprach: „Sag mir, weiser Mann, was ist die Liebe, von der die Jungen singen und die Alten schweigen?“ Und ich antwortete: „Die Liebe ist kein Lied und kein Schwur. Sie ist das Flüstern zwischen zwei Atemzügen, das Verstummen zwischen zwei Herzschlägen. Sie kommt, wenn du sie nicht erwartest, und sie bleibt, solange du sie nicht festhältst. Die Jungen jagen ihr hinterher, als sei sie ein Preis; die Alten wissen, dass sie ein Geschenk war. Darum lächeln sie, wenn die Jungen von ewiger Liebe sprechen – sie wissen, dass es keine Ewigkeit gibt, nur Momente, die ewig bleiben. Liebe ist nicht die Glut der Nacht, sondern das Licht des Morgens danach. Nicht das Versprechen, sondern das Verstehen. Nicht Besitz, sondern Dasein. Und wenn sie dich verlässt, so trauere nicht. Denn sie kehrt immer zurück – vielleicht in einem anderen Gesicht, vielleicht nur als leiser Gedanke, aber sie kehrt zurück. Denn Liebe, alte Frau, ist wie du – sie altert nicht, sie verwandelt sich.“ Da nickte die Alte, sah in die Ferne und flüsterte: „Dann bin ich also selbst die Liebe gewesen.“ Und ich sah, dass sie recht hatte.
— Aus dem „Gibran-Zyklus“ von Mike Schwarz © 2025 —
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