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Tunten – Aufzucht und Pflege

Kapitel 13: Wer sich ziert – verliert

Wie oftmals erbärmlich, unterbelichtet und kaputt die sprachliche Verständigung unter vielen Schwulen geworden ist, schildere ich dann nunmehr einmal nicht weiter aus den Untiefen der Onlinewelt, sondern aus der für mich noch real existierenden. Nachfolgend führe ich ein paar Beispiele auf, die ich entweder selbst so erlebt habe, oder aber die mir von glaubwürdigen Bekannten übermittelt wurden. Wie es mit dem zwischen-menschlichen Informationsaustausch in der Hetero- und Lesbenwelt läuft, kann ich als Uneingeweihter nicht beurteilen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass es in diesem Paralleluniversum nicht wesentlich anders vonstattengeht.

Nachdem die läufige Triebtunte nun endlich ihr lang ersehntes Date mit ihrem vermeintlichen Traummann auf die Reihe bekommen hat, wird sie feststellen, dass sie nach den über 100 zuvor präzise gestellten Fragen über das Medium Datenautobahn eine ganz wesentliche vergaß: Wie kommunikativ ist der Typ eigentlich? Verbergen sich doch oftmals hinter der Anonymität der Tastatur wahre Literaturnobelpreisträger, die sich in der Realität dann als einsilbig antwortende Linguisten zu erkennen geben. Die Fragen nach Offenheit, Verlässlichkeit oder gar Ehrlichkeit, kulturellen, wirtschaftlichen oder religiösen Weltanschauungen unseres neuen Kurzzeit-Ex-Spielzeugs können wir uns am besten gleich knicken.

Fallbeispiel 1: In diesem Fall kam mein Date sogar pünktlich. Bevor ich, gastfreundlich wie ich bin, die Frage nach einem Getränkewunsch stellen konnte, bat es mich, ob es noch vor der von langer Hand geplanten Erstbesteigung schnell für ein paar ,Minütchen mein Hochgeschwindigkeitsnetz nutzen dürfe. Es hätte noch ganz dringend eine lebenswichtige Nachricht bei ,Gayromeo abzurufen. Aus zwei wurden drei, dann fünf und letztendlich zehn Minuten. Wie zufällig schweifte mein Blick im Vorbeigehen über dessen Schulter und was sehe ich da? Der junge Analschakal bastelte, bevor ich überhaupt in der Lage war, meine erotischen, geschweige denn sexuellen Qualitäten unter Beweis zu stellen, im Dumpfbacken-Kontrollraum bereits an seinem nächsten Rendezvous. 

Die dann doch noch vollzogene, überwiegend schweigsame Kopulation erinnerte mich sehr stark an das Beamten-Mikado: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Um seine nächste amouröse Verabredung zeitlich nicht in Bedrängnis zu bringen, beendeten wir diese prekäre Situation wechselseitig und einvernehmlich nach zwei Minuten mit einem befreienden: ,Ich komme‘. Kaum hatte er seine ausgelaufene Samenflüssigkeit mit zehn Blättern meiner kostbaren Küchenrolle entfernt, begab sich mein Gast, diesmal allerdings ungefragt, dafür aber nun äußerst spärlich bekleidet, gleich wieder an meinen elektronischen Blechidioten, um dort hochnotgeil sein nächstes Stelldichein zu organisieren. Als ein nur eingeschränkt geduldiger Gastgeber forderte ich ihn nach weiteren zehn Minuten ebenso höflich wie nachdrücklich dazu auf, seinen derzeitigen Aufenthaltsort umgehend zu verlassen. In der gesamten Zeit seiner Anwesenheit wechselte er mit mir höchstens zehn halbwegs zusammenhängende Sätze.

 

Sein breites sympathisches Grinsen, der Glanz in seinen azurblauen Augen, die makellosen weißen Zähne und der freundlichen Aufforderung doch einzutreten, ließen mich meine anfängliche Unsicherheit schnell vergessen. Ich dachte so für mich, dass er vielleicht nicht genügend Zeit hatte, um sich komplett einzukleiden. Nachdem er die Wohnungstür hinter mir geschlossen hatte, ging er an mir vorbei und forderte mich mit einem verführerischen Blick auf, ihm zu folgen. Statt wie erwartet die Küche oder das Wohnzimmer zu betreten, führte er mich in sein Schlafzimmer, wo er auf seinem Bett alle in seinem Besitz befindlichen erotischen Analspielzeuge aufgebaut hatte. Auf meine sicherlich berechtigte Frage, ob wir denn nicht kochen wollten, um dann das Festmahl in der beschriebenen und besprochenen Art und Weise in romantischer Atmosphäre zu genießen, fragte er mich ernsthaft, ob ich in einer rosaroten Puddingwelt leben würde.

Ich verneinte und erfuhr, dass der einzige Grund, warum er mich hat kommen lassen, meine [nur für Klubmitglieder sichtbaren] Weichteilbilder aus meinem Profil bei Romeo gewesen sei. Und jetzt wolle er sofort überprüfen, ob dieses nicht verifizierte männliche Arbeitsgerät tatsächlich der von ihm erhofften Realität entsprechen würde. Irritiert verließ ich wenige Erklärungsminuten später das Séparée, da ich nicht darauf vorbereitet war, einem jungen, nur schwanzfixierten Hottie dessen gesamte Rüttel- und Schütteldildosammlung in den sicherlich wohlgeformten Knackarsch zu schieben. Enttäuscht und hungrig verließ ich diese Begegnung der merkwürdigen Art und dachte noch einen Moment darüber nach, was denn im Vorfeld daran so schwer gewesen wäre, sein eigentliches Ansinnen klar mit mir zu kommunizieren.

Einen großen Teil an Schuld trägt in meinen Augen daran ganz sicherlich das Internet & Co. Viele schwule, bisexuelle und heterosexuelle User klicken sich tagtäglich an ihrem Computer einen Wolf auf der Suche nach dem stark limitierten Glück. Und landen regelmäßig auf ihrer Reise in das Nichts, um anschließend die von ihnen selbst geschaffene Traumwelt nicht mehr zu verstehen. An dieser Stelle sei mir für jeden der Ratschlag gegönnt, dass sich der wahre Frieden dort verbirgt, wo dem Glück der Eintritt verwehrt ist. Vielleicht lernt es die schwule Gemeinschaft in Zukunft wieder, das Glück dort zu finden, wo es sich tatsächlich aufhält: in einem jeden von uns selbst!


Schwulenwitz 13:

Kommt ein schwules Pärchen in den Himmel. Da steht Petrus und sagt: „Für jeden Seitensprung gibt es einen Nadelstich.“ Der eine Schwule kommt zurück von der Bestrafung, da fragt Petrus: „Wie viele Nadelstiche hast du bekommen?“ „Drei!“ Fragt der Schwule: „Und wo ist mein Geliebter?“ Sagt Petrus: „Unter der Nähmaschine!‘


© Mike Schwarz – Köln 2006 – 2010 / 2024