Sind nicht alle Taten und jede Betrachtung Religion? [Khalil Gibran]

Von der Religion

Ungekürzter Beitrag

Religion wird oftmals als eine in größeren Bevölkerungsgruppen verankerte Vorstellung von der Existenz einer Gegebenheit beschrieben, die über das sinnlich Erfahrbare hinausgeht und eine nicht in der Welt seiende, in jedem Fall aber eine diese lenkende Kraft annimmt. Diese in oft langen Traditionen entstandene sowie von Individuen überarbeitete Welterklärung bzw. Ordnung zur Lebensbewältigung wird in der westlichen Welt aufgrund christlicher Traditionen häufig in der Kurzformel Glaube zusammengefasst und ist mit der Erfahrung von Leid, von Nicht-Geglücktem oder zu verbesserndem Leben und den Wegen das zu ändern – also der Sinnfrage – verbunden [Quelle: www.wikipedia.de].

Khalil Gibran

Aha! Mir ist klar, dass ich zu Zeiten der Inquisition als Ketzer auf dem Scheiterhaufen gelandet wäre. Aber Hexer verbrennen bekanntlich nicht: sie verpuffen! Als strenggläubiger Atheist, der fest an die Macht des Geldes glaubt, nehme ich mir dennoch die Freiheit, über Religion und hier insbesondere über das Christentum [mit dem ich beginne, obwohl es bei weitem nicht die älteste Religion ist] zu sinnieren, um dann im weiteren Verlauf über die römisch-katholische Kirche [über Ketzer?] zu sinnieren. Wie du weißt, habe ich persönlich keine guten Erfahrungen mit dieser Institution gemacht. Nach dem Christentum erlaube ich mir dann, intensiver über den Buddhismus nachzudenken. Mit dem, was ich im Folgenden sage, will ich sicher niemanden von seinem Glauben abbringen. Vielen Menschen hilft ihr Glaube, sei er esoterisch, spirituell, religiös oder was auch immer, ihr tägliches Leben zu meistern. Für mich ist der Glaube der Krückstock des Lebens. Aber warum kann sich nicht jeder seinen Glauben aussuchen? Warum muss ich katholisch sein, weil meine Eltern katholisch sind? Warum muss ich überhaupt glauben? Warum können wir nicht unseren eigenen Glauben haben, den wir jeden Tag wechseln können?

Lange vor dem Christentum gab es das Heidentum, auf dem es später aufbaute. Heide ist eine Bezeichnung für Menschen, die weder Christen, Buddhisten, Muslime, Hindus noch Juden sind. So gesehen bin ich auch ein Heide, aber ich habe kein Problem damit. Die Juden unterscheiden im klassischen Heidentum zwischen Menschen aus dem Volk Israel und den Gojim, denen Götzendienst und moralische Verkommenheit vorgeworfen wird. Wie bitte? Gibt es das nicht heute noch in allen Religionen? Fälschlicherweise wird der 25. Dezember von Christen in aller Welt als Geburtstag Jesu Christi gefeiert. Dabei war dieses Datum der Wintersonnenwende, der dunkelste Tag des Jahres, ein heidnisches Fest zu Ehren der Geburt des römischen Gottes Mithras. Aber auch die alten Germanen und andere Völker feierten zur Wintersonnenwende große Feste. Ist es ein Zufall, dass Begriffe wie Götzendienst und Gottesdienst verdächtig nahe beieinander liegen? Trotz der Verteufelung des Heidentums durch die römisch-katholische Kirche kommt sie nicht umhin, ihre Entstehungsgeschichte gerade dem Heidentum zu verdanken. Mehr zur katholischen Kirchengeschichte folgt an anderer Stelle.

Für mich ist das Heidentum eine Naturreligion und als solche akzeptabel. Ich bin überzeugt, dass dieser Herr Jesus von Nazareth gelebt hat. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass er der Gründer einer neuen Religion war, deren wahre Ziele im Laufe der Jahrhunderte stark verfälscht wurden. Aber ich bin auch davon überzeugt, dass er ein Mensch war wie du und ich. Dafür spricht unter anderem auch, dass seine Mutter Maria nach ihm noch mindestens vier Söhne jüdischen Glaubens, darunter einen Namens Judas, auf den Markt geworfen haben soll. Warum kein einziges Mädchen? Außerdem bin ich davon überzeugt, dass er ein begnadeter Rhetoriker war. Jesus war im friedlichen Sinne ein Goebbels seiner Zeit, eine geheimnisvolle, mystische und inspirierende Führergestalt. Gut, das waren einige Diktatoren in der Weltgeschichte auch. Ich bin überzeugt, dass ich hinter viele der folgenden Sätze ein Fragezeichen setzen werde, um jedem die Möglichkeit zu geben, darüber nachzudenken. Solange der Glaube nicht zur Droge wird, solange der Gläubige eine gesunde Mischung aus Realität und Überzeugung bewahrt, richtet er keinen Schaden an. Gerade von religiös Gläubigen erwarte ich Toleranz gegenüber Andersdenkenden! Wir alle sind seit Jahrtausenden Zeugen von religiösem Wahn – Sinn! Warum sterben auch heute noch Menschen im Namen Allahs, Jesu oder anderer Glaubensstifter, die doch alle Frieden gepredigt haben?

Da ich glaube, logisch analysieren und denken zu können, stoße ich gerade im Christentum auf viele Ungereimtheiten. Ich nehme die Bibel, insbesondere das Neue Testament, als Ausgangspunkt meiner Überlegungen und gehe zu den Wurzeln dieser Religion zurück. Die 10 Gebote, in denen es unter anderem heißt: Du sollst nicht töten. Warum töten dann Juden Christen, Christen Juden, Muslime Christen, Christen Muslime, Hindus Buddhisten oder Buddhisten Hindus und so weiter? Warum haben zur Zeit der Inquisition über fünf Millionen Frauen durch die Hand der katholischen Kirche ihr Leben verloren? Wieso unterdrücken bis heute alle Religionen die Frauen? Weshalb so viele sinnlose Tote bei den Kreuzzügen? Darunter auch tausende Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus Deutschland unter der Führung eines verblendeten Knaben. Warum so viele Tote durch Andersgläubige und Heiden? Warum so viele Tote, um ihnen einen Glauben aufzuzwingen? Jesus war doch Jude und stammte aus dem Hause Salomos. Nehmen wir die zwölf Apostel, darunter Petrus, den angeblichen Bekenner, aber auch ein Verleugner, ein angeblicher Augenzeuge der Auferstehung und Sprecher der Apostel und Begründer des Papsttums. Was aber, wenn es nicht zwölf, sondern nur elf Apostel waren? Was, wenn der zwölfte Apostel eine Frau war? Und wenn diese Frau Maria Magdalena war, eine angebliche Prostituierte?

Wie wird die Kirchengeschichte neu geschrieben, wenn nicht Petrus, der eifersüchtig auf Maria Magdalena gewesen sein soll, sondern diese den Auftrag hatte, das Werk Jesu fortzusetzen? Was, wenn Maria Magdalena ein Kind von Jesus gebar? Oder für die römisch-katholische Kirche die Katastrophe schlechthin: Was, wenn eines Tages die ganze Wahrheit über ihre Gräueltaten ans Licht käme? Was wäre aus der Religion und hier wiederum speziell aus dem Christentum geworden, wenn Jesus seine Existenz nicht der Unbefleckten Empfängnis, sondern einer ganz normalen menschlichen Geburt zu verdanken hätte? Tatsache ist zum Beispiel, dass es lange vor Jesus, nämlich schon im alten Ägypten, immer das Weibliche und das Männliche in jeder Gottheit gab. Zum Beispiel die Fruchtbarkeitsgöttin Isis und der Fruchtbarkeitsgott Amun. Warum gibt es diese Ausgewogenheit im Christentum nicht? Vor allem in der römisch-katholischen Kirche? Auch im Yin Yang, der ältesten chinesischen Philosophie, ist immer von der Ausgewogenheit der beiden Geschlechter die Rede. Aber was hat das Christentum daraus gemacht? Wo ist bis zur Jahrtausendwende die katholische Priesterin oder der weibliche Mullah geblieben?

Unabhängig von religiösen Vorstellungen brauchen wir uns nur die Entstehungsgeschichte unseres Planeten anzuschauen, die, bevor der Mensch in die Natur eingriff, von einem Gleichgewicht und einer Gleichberechtigung der Geschlechter geprägt war. Die Natur hat den Menschen nie gebraucht, umgekehrt sieht es ganz anders aus! Zurück in die Zeit nach dem gewaltsamen Tod Jesu [der Name Jesus war damals übrigens sehr gebräuchlich und viele Jesusse wurden gesteinigt und/oder gekreuzigt]. Kommunikationsmittel wie heute gab es nicht und die einzige Möglichkeit war die handschriftliche Überlieferung, die aber ähnlich funktionierte wie das Spiel Stille Post. Die erste Person schrieb etwas auf und schon bei der fünften Person kam eine völlig andere Information heraus. Zudem stammen die ersten schriftlichen Überlieferungen von syrischen Wanderpredigern, etwa 50 Jahre nach dem ungewissen Todesdatum des Gekreuzigten. Erschwerend kommt hinzu, dass diese kaum des Aramäischen und/oder Hebräischen mächtig gewesen sein dürften. Ihre Schilderungen sind vergleichbar mit einer Zeugenbefragung nach einem Verkehrsunfall heute: fünf Zeugen = fünf verschiedene Aussagen. So erklärt sich für mich die Verfälschung der Bibel, insbesondere des Neuen Testaments.

   Als Hüter der reinen Wahrheit gilt unter anderem der Templerorden, dem Leonardo da Vinci [übrigens auch homosexuell], Sir Isaac Newton, Victor Hugo und viele andere Persönlichkeiten der Zeitgeschichte angehört haben sollen. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang die Seite des Opus Dei, einer äußerst fragwürdigen klerikalen Vereinigung: www.opusdei.org/art.php?w=19&p=7895, wo sich mir die Frage aufdrängt, warum sich eine solche Organisation im Internet kritisch mit dem Buch von Dan Brown Da Vinci Code [dt. Buchtitel: Sakrileg, verfilmt mit Tom Hanks] auseinandersetzt. Interessant ist auch folgender Beitrag: Der Vatikan geht gegen den Bestseller Da Vinci Code in die Offensive. In einer konzertierten Aktion hat der Erzbischof von Genua Stellung gegen den provokanten Bestseller The Da Vinci Code bezogen. Er rät davon ab, das Buch zu lesen! Nachzulesen unter www.kath.ch/index.php?na=11,0,0,0,d,39019. Wie heißt es so schön: Wer sich verteidigt, klagt sich an?

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass es kurz nach Jesu Tod 80 Evangelien gab, von denen nur vier im Neuen Testament erhalten sind [Johannes, Markus, Matthäus und Lukas]. Die anderen Evangelien fielen in den folgenden Jahrhunderten der Zensur des entstehenden Christentums, also dem Vatikan, zum Opfer. Was aber, wenn eines Tages die fehlenden 76 Evangelien auftauchen und die katholische Kirche und in ihrem Gefolge das Luthertum und andere Abspaltungsreligionen in Erklärungsnot geraten? Wären dann nicht Millionen von Menschen umsonst gestorben oder Milliarden von Menschen verarscht worden? Wer sich einmal intensiv mit dem Heidentum, aus dem bekanntlich das Christentum hervorgegangen ist, beschäftigt hat, wird feststellen, dass die angeblichen Götzen in vielen Dingen vom Christentum übernommen wurden. So wurde zum Beispiel aus der ägyptischen Sonnenscheibe der Heiligenschein und aus der ägyptischen Skulptur der Isis, die Horus nährt, wurde Maria, die Jesus stillt. Da die Heiden die Sonne verehrten, haben die Christen daraus den Sonntag abgeleitet. Elemente der Kirche wie die Mitra, die Kommunion, der Altar und die liturgischen Gesänge sind ebenfalls aus viel älteren heidnischen Religionen hervorgegangen.

Das Neue Testament, auch das ist wissenschaftlich erwiesen, geht auf den heidnischen römischen Kaiser Konstantin den Großen [† 22. Mai 337 in Ankyron, dem heutigen Dorf Hereke bei Izmit in der Türkei] zurück, der erst auf dem Totenbett getauft wurde, wogegen er sich nicht mehr wehren konnte. Zu seiner Zeit war die offizielle Religion der Sonnenkult des Sol Invictus, des unbesiegbaren Sonnengottes, und Konstantin war der Hohepriester dieser Staatsreligion und zudem judenfeindlich. Er beendete jedoch die Christenverfolgungen und das Christentum verdankt ihm die Peterskirche in Rom aus dem Jahre 325, die Grabeskirche in Jerusalem, die Geburtskirche in Bethlehem sowie den Uraufbau der Apostelkirche in Konstantinopel [Istanbul]. Nach der Kreuzigung Jesu vermehrte sich die Anhängerschaft des Christentums explosionsartig und Rom versank in tiefen religiösen Wirren. Um das Auseinanderbrechen seines Reiches zu verhindern, vollzog Konstantin [erst 325 Jahre nach Christi Geburt] die Vereinigung zu einer einzigen Religion: dem Christentum. Das Christentum ist also eine Mischreligion aus Heiden und Christen, die damals für beide Seiten akzeptabel war.

Erst auf dem von Konstantin einberufenen Konzil von Nicäa wurden viele christliche Fragen diskutiert und zur Abstimmung gebracht. Hier wurden der einheitliche Ostertermin, die Befugnisse der Bischöfe, die Sakramente und vor allem die Göttlichkeit Jesu festgelegt, der bis dahin für seine Anhänger als das galt, was er war: ein sterblicher Prophet und damit ein Mensch! Hier liegt die eigentliche Geburtsstunde der katholischen Kirche. Von da an konnte die katholische Staatskirche ihre weltlichen Machenschaften ausüben, die bekanntlich oft außerordentlich blutig verliefen. Konstantin veranlasste auch, dass die bis dahin zu Tausenden existierenden Schriften, die Jesus als normalen Sterblichen beschrieben, nicht mehr veröffentlicht werden durften. Wo immer es möglich war, wurden sie eingesammelt und verbrannt. Er gab eine neue Evangelien-sammlung in Auftrag, die er auch finanzierte. Zum Glück für die Nachwelt konnten 1950 in einer Höhle bei Qumran Schriftrollen geborgen werden, die der Wahrheit über Jesus wohl am nächsten kommen, deren Veröffentlichung die katholische Kirche aber bis heute vehement zu verhindern versucht.

An der Entstehung des Neuen Testaments waren übrigens ausschließlich Männer beteiligt [!], die damit politische Absichten verbanden, also keine Glaubensfragen. Um ihren Machtanspruch zu festigen, wurde so aus dem Menschen Jesus Christus der Sohn Gottes gemacht. Mit großem Misstrauen beobachte ich diese erzkonservative Gemeinschaft des katholischen Opus Dei. Diese Personalprälatur verfügt über enorme [ergaunerte] Geldmittel und damit über eine Macht, die bis in den Vatikan reicht, und möchte zu den Ursprüngen der Entstehung des Christentums zurückkehren, das, wie beschrieben, auf massiven Verfälschungen beruht. Ihr Hauptquartier in New York [Kosten des Objekts: ca. 42 Millionen Dollar] ist so konzipiert, dass sich die dort arbeitenden Männer und Frauen nicht begegnen können. Opus Dei soll vor Jahren eine Milliarde Dollar an den Vatikan überwiesen haben, um die vatikanische Mafia-Bank zu retten. Kurz darauf wurde ihr Gründer Josemaría Escrivá von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen. Komisch, oder?

Auch wenn es im Moment nicht danach aussieht, dank der neuen Popularität der katholischen Kirche durch den verstorbenen Papst Johannes Paul II, der die Medien für seine Zwecke zu nutzen wusste: Die Tage dieser Religionsgemeinschaft sind für mich gezählt, und ich wäre froh, wenn ich das noch erleben dürfte. Als schwuler Autor möchte ich noch anmerken, dass mir nicht bekannt ist, dass Jesus auch nur ein einziges Wort gegen Homosexualität gesagt hat. Auch wenn ich aufgrund der 12 Jünger nicht glaube, dass Jesus ein warmer Bruder war, so denke ich doch, dass er kein Problem damit gehabt hätte, wenn es jemand aus diesem erlauchten Kreis gewesen wäre. Kritisch merke ich noch an, dass mir bekannt ist, dass katholische Priester, wenn sie sich an Kindern und Jugendlichen vergehen, auch heute noch von der Kirche gedeckt werden. Es ist auch ein offenes Geheimnis, dass es unter den Vertretern aller Staatsreligionen zahlreiche, auch nicht pädophile, homosexuelle Kleriker gibt. Na und? Was soll’s? Im Koran, wird Homosexualität zwar nicht explizit verteufelt, aber sehr unterschiedlich interpretiert. Zahlreiche Überlieferungen belegen, dass Knaben oder Jünglinge als besonders begehrenswert und verführerisch galten. Homoerotische Vorstellungen, wenn auch stark verklärt, waren vor allem bei den Mystikern immer eng mit religiösem Denken verbunden.

Bei meinen zahlreichen Recherchen bin ich auf einige moralisch fragwürdige und unchristliche Exemplare der römischen Sittenwächter aus längst vergangenen Jahrhunderten gestoßen. So ist beispielsweise überliefert, dass der Liebling [wie auch immer man das interpretieren mag] von Papst Alexander VI. [bürgerlich: Roderic Llançol i de Borja und Papst von 1492 bis 1503], ein gewisser Herr Bruno Peroto, in seinen Armen erdolcht wurde. Abgesehen von der Frage, was der Ermordete in den Armen eines Papstes zu suchen hatte, ist dokumentiert, dass das sündhaft teure päpstliche Gewand durch den herausquellenden und dann versiegenden Lebenssaft des Lustknaben in einen absolut unbrauchbaren Zustand versetzt wurde. Alexander konnte den entstandenen Schaden leicht verkraften, denn er war zu jener Zeit einer der reichsten Männer Europas. Mit dem Geld hatte er sich unter anderem den Papsttitel erkauft. Der Mörder des Herrn Peroto war kein anderer als der päpstliche Sohn [!] Cesare, der mit diesem Anschlag die beschmutzte Familienehre derer zu Borja wiederhergestellt hatte. Der Überlieferung nach soll Herr Peroto zuvor Cesares Schwester Lucrezia befingert haben. Es versteht sich von selbst, dass Cesare für seine unchristliche Tat nie juristisch belangt wurde. Der skrupellose und machtgierige Papa Alexander war über den Verlust seiner Amtsrobe sicher nicht besonders erfreut. Alexander VI. war einer der schillerndsten Päpste aller Zeiten, aber sicher nicht besser und nicht schlechter als viele seiner Vorgänger und Nachfolger.

An ihm zeigt sich exemplarisch, wie schon damals im Vatikan gekungelt wurde. Es verwundert nicht, dass der Onkel des kleinen Alex, Papst Kalixt III. [1455 bis 1458], seinen Neffen zuvor zum Kardinal erhoben hatte. Überliefert ist auch, dass Alex von seinem Vorgänger Papst Pius II. [Papst von 1458 bis 1464] wegen seines freizügigen Lebenswandels schriftlich gerügt wurde. Er lebte 20 Jahre lang mit der Mutter seiner vier Kinder zusammen, was ihn nicht davon abhielt, an seinem Hof die wildesten Orgien zu feiern. Bösen Gerüchten zufolge soll er nicht nur mit seiner Tochter Lucrezia geschlafen haben, sondern auch seine Feinde mit dem berüchtigten, selbstgebrauten Borgia-Gift umgebracht haben, dem er später selbst zum Opfer fiel. Über seine Mätresse Giulia, die schon als 15-Jährige mit ihm das Bett teilen durfte, als er noch Kardinal war, wurde ihr Bruder Alessandro Farnese aus Gefälligkeit mit nur 25 Jahren zum Kardinaldiakon und Generalschatzmeister der katholischen Kirche ernannt. Das wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn es sich bei dem kleinen Burschen nicht um den späteren mächtigen Papst Paul III. gehandelt hätte, der allerdings in seiner Kardinalszeit vom römischen Volk als Cardinale Gonella = Röckchen und Cardinale Fregnese = Möse verspottet wurde, was sicher irgendwo seinen Ursprung haben muss. Wie war das noch mit Sodom und Gomorrha?

Wenn ich abschließend den Glauben an das Christentum in mir Revue passieren lasse, komme ich immer wieder zu der Erkenntnis: Geld regiert die Welt. Aber ich glaube lieber an die Macht des Guten als an die Macht des Bösen! Und ich hoffe, dass eines Tages das Gute siegen wird. Bevor ich jetzt gleich zu einer anderen Weltreligion übergehe, schreibe ich an dieser Schnittstelle zweier Weltreligionen mal auf, welche neun religionslosen und straffreien Gebote ich für die Menschheit in Stein meißeln würde: Mehr prosoziales Verhalten, mehr Gerechtigkeit, mehr Vertrauen, mehr Selbstvertrauen, mehr Eigenliebe, mehr Selbstlosigkeit, mehr Glaubensfreiheit, mehr Selbstreflexion und mehr Wertschätzung für unseren Planeten. Wenn wir diese Gebote befolgen, wird in Zukunft für uns alle das in Erfüllung gehen, was wir uns am meisten wünschen: Frieden auf Erden.

Und nun zu meinen buddhistischen Gedanken: Der Überlieferung nach wurde Buddha, ein großer Lehrer der Menschheit, vor 2544 Jahren in Kapilavatthu [Nordindien] als Sohn eines Fürsten geboren. Da ich kein Zeitzeuge war, werde ich dies weder bestätigen noch dementieren. Aber aus einem inneren Gefühl heraus, im Vergleich mit allen großen Religionen, würden mir die Lehren Buddhas noch am ehesten gefallen. Das Interessante ist, dass jeder von uns ein Buddha, also ein Erleuchteter sein kann, wenn er seinen eigenen Geist wirklich kennt. Das kann man durch lange Meditation erreichen. Mir wird es in diesem Leben wohl nicht vergönnt sein, ein kleiner Buddha zu werden, da mir einfach die Zeit zum Meditieren, der dicke Bauch und auch die innere Ruhe fehlen. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass ich einen Geist habe und nicht als Unwissender und Unerleuchteter irgendwann mein atheistisches Leben ohne diesen Segen beenden werde.

Zen-Meister Hye Neng [wer auch immer das sein mag] hat einmal gesagt: „Wenn der Geist eines Menschen unrein ist und er deshalb eine Sünde begeht, wird auch sein Körper unweigerlich ins Nakara, in die Hölle, fallen. Wenn der Mensch aber seinen Geist rein hält und sich stets um gute Taten bemüht, dann wird sein Körper zu Sukhvati, im Land der Glückseligkeit, wiedergeboren.“ Na gut, ich hoffe auf Letzteres. Um meinen Geist klar zu halten, wenn ich nicht gerade im Suff bin, stelle ich mich von Zeit zu Zeit auf den Prüfstand und frage mich: „Was ist bei mir OK und was nicht?“

Ich bin überzeugt, wenn sich jeder, bevor er jemand anderen kritisiert mal selber auf seinen eigenen Prüfstand stellen würde, viele den Weg zur Erkenntnis beschreiten könnten. Buddha müsste in dem Fall nur sehr wenige TÜV-Plaketten verteilen. Eine seine größten Erkenntnisse, die er nach 6 Jahren intensiver Meditation erlangte, war die, dass das Leben vergänglich ist. OK, so lange brauchte ich dann nicht. Um seine spirituelle Weisheit der Worte zu erkennen, benötigen wir einen offenen und entspannten Geist sowie die Bereitschaft, sich ganz in den Worten zu versenken. Für mich wäre das nicht typisch buddhistisch, da es meiner Meinung nach auch in anderen Werken, z.B. in denen von Khalil Gibran, erforderlich ist, für diese Botschaften empfänglich zu sein. Nun aber mal zu den Fakten des Buddhismus: Weltweit zählt der Buddhismus ca. 300 bis 450 Millionen Anhänger und zählt damit zu den fünf Weltreligionen [Judentum, Hinduismus, Buddhismus, Christentum und den Islam]. Mit richtigem Namen hieß der Begründer des Buddhismus Siddhartha Gautama. Er starb im Alter von 80 Jahren.

Es muss noch einmal klargestellt werden, dass Buddha weder ein Gott noch ein Verkünder göttlicher Wahrheiten war. Vielmehr erkannte er, wie ich übrigens auch, dass das Verstehen der Natur durch die Meditation des eigenen Geistes möglich ist. Diese Erkenntnis ist jedem zugänglich, der sich seiner Lehre und Methode anschließen will. Buddha selbst, und das macht ihn mir sympathisch, warnte davor, seinen Lehren dogmatisch zu folgen. Im Gegenteil, er warnte vor blindem Autoritätsglauben und betonte die Eigenverantwortung eines jeden Menschen. Was ich ihm auch hoch anrechne, ist sein Bemühen, seine Anhänger zu lehren, wie vergeblich es ist, die Welt mit Begriffen und Sprache erfassen zu wollen, was ich persönlich in anderen Religionen leider vermisse. Ich erinnere daran, dass nur der Glaube an die Autorität uns hier in Deutschland den I. und II. Weltkrieg ermöglicht hat. Die Weltgeschichte lehrt uns auch, dass es keinem dieser Glaubensfürsten gelungen ist, trotz friedlicher Lehren Kriege zu verhindern. Auch im Buddhismus gibt es alle Grausamkeiten dieser Erde.

Die Emanzipation, die heute noch von der alten Dörrpflaume Alice Schwarzer gefordert wird, war für Buddha selbstverständlich. So gab es schon zu seiner Zeit Mönche [bhikkhu] und Nonnen [bhikkhuni]. Die buddhistischen Klöster waren frei von Mitgliedszwang und so gab es auch Anhänger, die mit dem täglichen Leben verbunden waren: Upasaka [Männer] und Upasika [Frauen]. Wie die Buddhisten auch, bin ich davon überzeugt, dass es eine Form von Seelenwanderung und das unumstößliche Gesetz von Karma/Kamma, also von Ursache und Wirkung [kausales Prinzip] gibt. Der Überlieferung nach hat Buddha auch keine metaphysischen Aussagen darüber gemacht, was mit uns nach dem Tod geschieht, wer die Welt erschaffen hat und dergleichen christlichen Brimborium.

Das buddhistische Rad des Lebens [Bhutan] kommt auch meiner Lebensphilosophie am nächsten. Auch ich glaube an einen ewigen Kreislauf von Leben, Tod und der Existenz und Seelendasein: Werden und Vergehen, und dass jedes menschliche Leben als Prüfung verstanden werden kann. Um für mich ins Licht zu kommen, muss ich durch Taten, Gedanken, Emotionen, Wünsche und Begierden versuchen, aus diesem Kreislauf auszubrechen, in dem es sowohl das Gute [Götter] als auch das Böse [Totenreich] gibt. Ich denke, ich bin auf dem richtigen Weg, was nicht heißt, dass ich nicht noch einige Runden in der Zukunft drehen muss.


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